von Nada Welker | Juni 1, 2023 | Startups, Aktuelles von Magility, Interview, Know-how und Inspiration
Wie können Start-ups, Mittelstand und Politik noch besser zusammenarbeiten, um einerseits jungen Unternehmen bessere Grundlagen für die Gründung zu schaffen und andererseits mittelständische Unternehmen in der Region zu stärken?
Dieses Thema war Schwerpunkt bei der Veranstaltung „Start-up meets Mittelstand“ am 26.05.2023 in Wendlingen am Neckar. MdL Dr. Natalie Pfau-Weller (CDU) lud Referenten und Interessierte aus Politik und Wirtschaft in das eindrucksvolle Neckarspinnerei Quartier ein. Gemeinsam mit unserem Partner-Unternehmen Magility Cyber Security GmbH (MCS), das bereits mit anderen Unternehmen im Quartier angesiedelt ist, besuchten Magility-CEO Dr. Michael Müller, COO Dr. René Schellenberger, CMO Nada Lea Welker und Dino Munk, Geschäftsführer MCS, die Veranstaltung und konnten viele spannende Eindrücke gewinnen.
Stimmung bei Gründern ist gemischt
Dass eine massive Krise am Start-up Markt herrscht, wurde schon im vergangenen Jahr deutlich: 2022 ging die Anzahl der Gründungen deutlich zurück, und auch 2023 ist die Verunsicherung groß – nicht zuletzt auch durch die Pleite der Silicon Valley Bank im Frühjahr 2023. In der Podiumsdiskussion, moderiert durch Gastgeberin Dr. Pfau-Weller, sah Thanh Nguyen, Co-Gründerin und Geschäftsführerin beim Batterie-Start-Up Batene, die Situation dennoch nicht ganz so schwarz. Sie konnte mit ihrem Start-up, das eine innovative Technologie für bestehende und zukünftige Batterietechnologien und nachhaltige elektrische Energie für jedermann anbietet, 2022 in einer ersten Finanzierungsrunde direkt 10 Millionen Euro von Investoren einsammeln. Ihr Erfolgsrezept? Problemlösungskompetenz, Anpacken und der innere Antrieb, die Welt ein kleines Stück besser machen zu wollen.
Adrian Thoma, Geschäftsführer beim Innovations-Ökosystem Gründermotor, beschäftigt sich täglich mit Gründern und Gründungen und weiß, dass deren Probleme oft auch schon an den Universitäten und Schulen beginnen. Auf viele Gründungsideen würde man im Studium nicht vorbereitet, deshalb probiere man oft das Konzept von trial and error und orientiere sich interaktiv am Markt. Seiner Erfahrung nach, helfe ein Business Plan nur bedingt; stattdessen brauche es gesunden Pragmatismus.
Thoma und Nguyen waren sich einig, dass aktiver Austausch in Communities, mit anderen Gründern, Netzwerken und das Synergieen finden Grundnahrungsmittel für den Erfolg eines jungen Unternehmens seien.
Auch der Mittelstand hat zu kämpfen
Krisen hatte die Welt in den letzten Jahren ausreichend zu bekämpfen – dass Meckern dabei nicht weiterhilft, unterstrich Bettina Schmauder vom Autozentrum Schmauder und Rau. Als Zwei-Mann-Unternehmen im Jahr 1994 von ihrem Mann gegründet, hat das Unternehmen seit einigen Jahren den Fokus und sein Geschäftsmodell hin zu neuen Antriebstechnologien und dem Ansatz eines Mobilitätszentrums verschoben. Mit Erfolg. Natürlich habe es auch den Mittelstand in der vergangenen Zeit hart getroffen, doch wer sich in guten Zeiten gut aufstelle, sich ein positives Mindset bewahre und die immer mehr verfügbaren öffentlichen Hilfen nutze, könne gut auch durch Durststrecken kommen, so Schmauder. Sie lobte auch den Austausch auf Verbandsebene, ist sie doch selbst aktiv als Vorsitzende im BdS Kirchheim/Teck. Für sie sei eine erfolgreiche Region die, in der es eine gute Mischung aus Industrie und kleinen Unternehmen gibt, die die „Würze“ geben.
Wie können Start-ups und Mittelstand dem Fachkräftemangel entgegenwirken?
Als besonders herausfordernd für Start-ups und Mittelstand sehen sowohl Nguyen als auch Schmauder den aktuellen Fachkräftemangel. Menschen zu finden, die wirklich für ein Thema brennen, Biss haben und motiviert sind, brauche es unbedingt für den Erfolg eines Start-ups; sie zu finden sei aber sehr viel schwieriger geworden, so Nguyen. Bettina Schmauder steht mit ihrem Unternehmen vor den gleichen Herausforderungen und sagt deshalb ganz klar, dass Unternehmen viel mehr in die eigenen, vorhandenen Mitarbeitenden investieren müssen. Neue Mitarbeitende zu rekrutieren, koste ein Vielfaches von dem, was man zahlen würde, um auf die Wünsche der Mitarbeitenden einzugehen, so Schmauder.
Ob die explizite Förderung von Frauen dazu beitrüge, mehr qualifizierte Mitarbeiter zu finden, fragte Dr. Pfau-Weller? Da sind Nguyen und Schmauder skeptisch: Gemischte Teams würden am besten funktionieren und sowieso sei nicht das Thema Frauenförderung wichtig, sondern Familienförderung. Vor allem für sie als Gründerin, betonte Thanh Nguyen, sei es viel wichtiger, dass ein System geschaffen wird, das es vor allem Frauen ermöglicht, Familie und Arbeit besser zu verbinden.
Förderungen – nur für Start-ups relevant?
Beim Thema Förderung stehen fast immer Start-ups im Fokus, der Mittelstand brauche jedoch genau so Förderungen und Anreize, meint Bettina Schmauder. Sie merke zwar, dass die Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten zugenommen haben. Die bürokratischen Hürden seien dennoch immer noch sehr hoch – sie würde sich wünschen, dass die Prozesse vereinfacht würden.
Tobias Vogt, MdL, Mittelstandspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Baden-Württemberg und Gesellschafter der FAVO Holding GmbH Unternehmensgruppe in Bönnigheim, bekräftigte, dass die Agenda 2010 dahingehend ein “Turbo” war. Durch Reformstau bestehe die Gefahr, dass Deutschland immer mehr abgehängt wird. Er wünsche sich, dass mehr Gewerbegebiete ausgewiesen werden können, damit sich mehr Unternehmen ansiedeln. Dass das zum Problem wird, läge nicht nur unbedingt an der Verwaltung: Trotz positiver Gemeinderatsbeschlüsse, würden immer mehr Vorhaben durch Bürgerinitiativen und -proteste dann doch wieder eingestampft. “Wir müssen wieder mehr über das Machen diskutieren, und nicht über das Nichtmachen”, so Vogt. Innovative Start-ups in der Region anzusiedeln, habe weiterhin für ihn Priorität.
Und was wünschen sich die Start-ups von der Politik? Thanh Nguyen hat da eine klare Vorstellung: Ideen aus dem universitären Umfeld schneller und leichter in die Wirtschaft bringen zu können.
Wie Start-ups und Mittelstand erfolgreich zusammenarbeiten können
Dass Start-ups und Mittelstand auch erfolgreich zusammenarbeiten können, vor allem beim Thema Digitalisierung, zeigen viele nationale und internationale Beispiele. Welche Möglichkeiten gibt es konkret, Synergieen erfolgreich gemeinsam zu heben?
- Kooperationen: Mittelständische Unternehmen nutzen das Know-how von Start-ups für innovative Lösungen und profitieren von deren Erfahrung und Ressourcen.
- Investitionen: Mittelständische Unternehmen investieren direkt oder über Risikokapitalfonds in Start-ups, um Unterstützung zu bieten und potenzielle Renditen zu erzielen.
- Inkubatoren und Acceleratoren: Mittelständler nutzen diese Einrichtungen, um Start-ups zu unterstützen und von ihren Innovationen zu profitieren.
- Gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte: Mittelständische Unternehmen kooperieren mit Start-ups, um gemeinsam innovative Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln.
- Lieferanten- und Vertriebspartnerschaften: Mittelständler binden Start-ups als Lieferanten oder Vertriebspartner ein, um beidseitigen Nutzen zu erzielen.
- Co-Working und Co-Creation: Mittelständische Unternehmen bieten Start-ups Räumlichkeiten oder Coworking Spaces an, um enge Zusammenarbeit und Wachstum zu fördern.
Zukunftsmusik oder schon Realität? Neckarspinnerei Quartier
Ein kreatives Umfeld ist wie geschaffen für die Arbeit von innovativen Start-ups und Unternehmen aus dem Mittelstand, die sich neu erfinden möchten. Das denkmalgeschützte Areal in Wendlingen am Neckar soll gemeinschaftlich und mit Unterstützung der HOS-Gruppe zu einem lebendigen, zukunftsweisenden, gemischt genutzten Quartier entwickelt werden. Es soll das Vorzeigeprojekt für urbanes Zusammenleben und Arbeiten, für neue Mobilität und neue Quartierskonzepte werden.
Die Magility Cyber Security GmbH (MCS) war eines der ersten Unternehmen, die in die Büroräume im Areal eingezogen sind. Geschäftsführer Dino Munk gibt uns in einem Kurzinterview Einblick in die Arbeit und das Zusammenleben vor Ort.
Herr Munk, Sie sind mit der MCS bereits seit mehr als einem Jahr am NSQ vertreten. Was ist Ihr bisheriger Eindruck?
Das NSQ ist schon jetzt ein Schmelztiegel junger Unternehmen. Wir haben am Standort, im sogenannten Pentagon-Gebäude, viele verschiedene Unternehmen aus produzierendem Gewerbe, Start-ups mit innovativen Ideen und uns, die MCS, als zukunftsorientierte Cyber Security-Beratung. Entsprechend sehen wir auf dem Campus hier die unterschiedlichsten Talente – Menschen mit Produktions-, Logistik-, Entwicklungs-, Innovations-, Finance- oder Beratungshintergrund, um nur einige zu nennen. Das NSQ wird mit weiterem Ausbau ein Anziehungspunkt für weitere Talente, Firmen und Büros werden. Wir fühlen uns hier sehr wohl und ich bin sehr gespannt, wie sich das Areal weiter entwickeln wird.
Das Areal greift ja auch viele moderne Konzepte auf, wie zum Beispiel die Verknüpfung von Leben und Arbeiten. Wie schnell wird sich das Ihrer Meinung nach in die Realität umsetzen lassen?
Das ist ein super spannendes und vor allem zukunftsweisendes Thema, das wir heute im NSQ bereits in Angriff nehmen. Das Quartier wird in den nächsten Jahren Anziehungspunkt für weitere Talente, Firmen und Büros werden, und mit seinen geplanten Wohneinheiten auch den “fließenden Übergang” zwischen Wohnen und Arbeiten aufgreifen. Die komplette Erschließung und Entwicklung wird sicher noch einige Jahre dauern, dennoch gibt es viele konkrete Ideen und Planungen, die das Gebiet auch bereits kurz- und mittelfristig sehr interessant machen werden. Das gesamte Areal wird ein Vorzeigeprojekt dafür sein, wie sich modernes Leben und Arbeiten mit der Umnutzung und Sanierung von historischen Gebäuden vereinbaren lässt und welche besondere Atmosphäre dabei entstehen kann.
Bei der Magility GmbH beraten wir Sie zu Ihrem konkreten Innovationsvorhaben in den Bereichen alternative Mobilität, Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, Konnektivität und ESG. Kontaktieren Sie gerne unsere Experten für ein Gespräch!
Sie möchten sich das zukunftsweisende Neckarspinnerei Quartier live anschauen und sich dazu noch zu einer ganzheitlichen Cyber Security Strategie für Ihr Unternehmen mit Experten austauschen? Dino Munk (dino.munk@magility-mcs.com) freut sich über Ihre Kontaktaufnahme.
von Nada Welker | Juli 18, 2022 | Startups, Automotive, High Tech Trends, Know-how und Inspiration, Marktentwicklung & Trends, Strategie im Wandel
Quo vadis, Tech-Startups? Die Startup-Branche steht aktuell an einem Scheideweg. Gründer beklagen seit langem, wie schwer das Thema Finanzierung geworden ist. Haben junge Unternehmen bis zum letzten Jahr schnell viel Risikokapital einsammeln können, stehen sie nun vor der Herausforderung, das weitere Wachstum nachhaltig finanziell zu gestalten. Nicht zuletzt auch die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben dazu beigetragen, dass der Druck für Risikokapital-finanzierte Tech-Startups immer größer wird. In Stuttgart traf sich die nationale und internationale Startup-Szene im Rahmen des Startup-Autobahn Expo Days nun schon zum 12. Mal, um unter anderem darüber zu diskutieren, wohin der Weg der Startups und der Finanzierungsbranche zukünftig geht.
Sind die goldenen Jahre für Tech-Startups vorbei?
Kursstürze, Entlassungswellen – auch bei vermeintlich erfolgreichen Unternehmen schlägt die aktuelle Krise auf den Weltmärkten zu. Egal ob Klarna, Gorillas oder Tesla: Startups und große Tech-Unternehmen gleichermaßen haben gerade weltweit mit großen Turbulenzen zu kämpfen. Risikokapitalgeber halten das vormals billige Geld lieber zurück, Startups schielen nicht mehr auf den nächsten großen Wachstumssprung, sondern darauf, ob sie das nächste halbe Jahr überleben werden. Wie aus der Tracking-Seite layoffs.fyi hervorgeht, wurden seit Jahresbeginn ca. 50.000 Mitarbeitende weltweit in der Startup-Branche entlassen. Auch in dem Land für Tech-Startups, in Israel, scheint der große Boom vorbei zu sein. Lagen die Investitionen in Tech-Startups im vergangenen Jahr noch bei 25 Milliarden US-Dollar, ging das Tempo in diesem Jahr bislang deutlich zurück. Ein Trend, der sich allem Anschein nach so fortsetzen soll. Steigende Zinsen, der Ukraine-Krieg und vor allem der Fachkräftemangel im Software-Bereich setzen Israels Vorzeigebranche ordentlich zu. Viele Startups drosseln Ausgaben, Investoren sind wählerischer geworden.
Und obwohl Deutschland über ein großes Netzwerk von Investoren und Business Angels verfügt, das auch inzwischen weltweit anerkannt ist, haben es hier vor allem Startups in frühen Phasen nicht erst seit gestern immer schwerer, ausreichend Kapital zu generieren, um zu skalieren. Aufgrund des erhöhten Risikos in der frühen Gründungsphase, stehen den meisten Startups traditionelle Bankfinanzierungen nicht zur Verfügung – sie müssen dann auf Risikokapital zugreifen. Der deutsche Markt hat sich dafür in den letzten Jahren sehr weiterentwickelt, im internationalen Vergleich liegt Deutschland jedoch weiterhin nur im Mittelfeld. Den Großteil der Finanzierungen stellen ausländische Investoren aus USA und Asien zur Verfügung . Und auch in späteren Finanzierungsphasen haben sie meistens die Nase vorn; eine Entwicklung, die im Hinblick auf die Innovationskraft und die Sicherung von Knowhow und Arbeitsplätzen im Inland der aktuellen Bundesregierung großes Kopfzerbrechen bereitet.
Das Startup-Ökosystem in Deutschland hat sich schnell entwickelt: bereits im Jahr 2020 arbeiteten knapp 400.000 Menschen bei einem Startup. Bis 2030 soll sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Und auch beim Risikokapital lag Deutschland im Europavergleich 2021 vorne: 15 Milliarden Euro wurden in Startups investiert. Gab es im Jahr 2020 in Deutschland 25 sogenannte „Unicorns“ (Startups mit einer Marktbewertung von mindestens einer Milliarde US-Dollar), soll diese Zahl in Europa bis 2030 verdoppelt werden. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass das realisiert werden kann: Europa und Deutschland sollen als starker Tech-Startup-Standort erhalten und entwickelt werden. Auf Basis der „EU Digital Decade 2030„, einer Initiative der Europäischen Kommission unter der Leitung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, sollen Europa und Deutschland fit gemacht werden für den digitalen Wandel. Neben der Umsetzung von digitalen Diensten und dem Ausbau von schnellem Internet auf dem Land und in Städten, steht dabei die Stärkung Europas als Gründerstandort ganz oben auf der Agenda. Die deutsche Bundesregierung hat dafür einen 10-Punkte-Plan ausgerufen, der Teil einer konsequenten Startup-Strategie ist:
- Finanzierung für Startups stärken
- Startups die Gewinnung von Talenten erleichtern und Mitarbeiterbeteiligung attraktiver gestalten
- Gründungsgeist entfachen, Gründungen einfacher und digitaler machen
- Startup-Gründerinnen und Diversität stärken
- Startup-Ausgründungen aus der Wissenschaft erleichtern
- Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientierte Startups verbessern
- Startup-Kompetenzen für öffentliche Aufträge mobilisieren
- Startups den Zugang zu Daten erleichtern
- Reallabore (Testräume für Innovation und Regulierung) stärken
- Startups ins Zentrum stellen
Diese Strategie soll im Sommer im Bundeskabinett verabschiedet werden, im Anschluss soll die Umsetzung sowie ein regelmäßiges Monitoring erfolgen. Wie sich allerdings bis dahin die Situation in der Branche verschärft haben könnte, bleibt abzuwarten.
Die Startup-Szene erfindet sich neu
Dass die aktuellen Krisen auf der Welt und an den Finanzmärkten alle Industrien beschäftigen, war auch auf dem 12. Expo Day in Stuttgart spürbar, der in diesem Sommer endlich wieder vor Ort im Wizemann Areal in Stuttgart stattfand. Dort trafen sich mehr als 1.000 Interessierte, und 27 Startups auf drei Bühnen, um sich über aktuelle Projekte und Zukunftsthemen auszutauschen. Startup Autobahn powered by Plug and Play ist eine Open Innovation Plattform für Tech-Startups aus Automobilindustrie, Maschinenbau, Health- und Enterprise-Branche, mit mittlerweile mehr als 30 renommierten Industriepartnern (u.a. Mercedes-Benz, Webasto, Bosch oder Deutsche Post). Ziel des Accelerators sind gemeinsame Pilotprojekte – im Rahmen des zwei Mal im Jahr stattfindenden Expo Days werden diese dann der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Im Fokus der Eröffnungs-Keynote von Ola Källenius, dem Chef der Mercedes Benz Group AG, stand dabei „Transformation and Innovation at Mercedes Benz“ mit zwei großen Herausforderungen: Decarbonisation, also die Erreichung von CO2-Neutralität, und die Digitalisierung im Fahrzeug. Mit der Entwicklung des Konzeptfahrzeugs Vision EQXX habe Mercedes mindestens 10 Jahre Vorsprung in der Industrie, die sich eines holistisches Gesamtkonzepts zur CO2-Reduktion in der Supply Chain, der Produktion und des Fahrzeugs selbst verschrieben hat. Er prognostiziert eine 100% elektrische Zukunft für den Stuttgarter Autobauer, die bis spätestens Ende 2030 Realität werden soll. Zum Thema digitalisiertes Fahrzeug sprach Källenius über die Koexistenz von Software und Hardware und das immense Innovationspotential in diesem Bereich. Hier käme die Innovation nicht selten durch Kooperation – auch beim Vision EQXX seien viele Tech-Startups beteiligt gewesen, die sich aus Pilotprojekten bei Startup Autobahn entwickelt haben, wie zum Beispiel UBQ materials aus Israel oder Ventus aus Stuttgart. „Efficiency is the new currency of the EV area“, sagt Källenius, und diese sei nur realisierbar, wenn man den Status Quo so oft wie möglich hinterfrage.

Ola Källenius at his keynote
Dass die Zusammenarbeit mit Tech-Startups für beide Seiten große Vorteile bringt, darüber sprach Tanja Rückert, CDO bei Bosch, in ihrem Panel. Natürlich müsse zunächst der strategic fit klar sein, vor allem auch aus Kundensicht. Doch welche konkreten Vorteile haben Startups und Unternehmen, wenn sie sich strategisch zusammenschließen? Für Startups: Ressourcen, Prozesse und Skalierbarkeit, für Unternehmen: Agilität und Verschlankung von Innovationszyklen.
Saori Dubourg (MoB BASF) brachte eine ganz neue Sichtweise zum Thema Nachhaltigkeit bei Startup-Finanzierungen in ihrem Vortrag „The future needs a better design“ auf die Bühne. Bis noch vor kurzem sei das Ziel gewesen, möglichst viel zu investieren („volume“) – zukünftig liegt der Fokus, in allen Bereichen, aber auch in der Finanzierung, auf dem nachhaltigen Einsatz von Ressourcen („value“). Weltweit seien Investments in ESG-Fonds auf unglaubliche 2,57 Billionen US-Dollar gestiegen – zukünftige Investment-Strategien fokussieren sich also mehr und mehr auf den sozialen und umwelttechnischen Nutzen, statt auf reines finanzielles Wachstum.
Im reinen Frauen-Panel unter der Leitung von Natascha Zeljko, Co-Founder and Chief Editor bei F10 FemaleOneZero & CURAZE, ging es darum, wie viel Chancen die aktuelle Krise mit sich bringt. Die zentrale Frage dabei war: Wie viele Firmen haben es wirklich verstanden, dass ständige Veränderung und das kontinuierliche Hinterfragen des Status Quo essentiell für den Unternehmenserfolg ist? Prof. Dr. Katharina Hölzle (Universität Stuttgart & Fraunhofer IAO) argumentierte, dass das Verständnis für Veränderung nun da sei, die radikale Umsetzung davon allerdings in vielen Unternehmen noch auf einem anderen Blatt Papier stehe. Vor allem die jüngere Generation hätte Transformation gedanklich schon verinnerlicht. Es sei nun allerdings Aufgabe der Schulen und Universitäten, diesen Menschen auch die Werkzeuge zur Umsetzung mitzugeben. Katharina Hopp (Bosch) machte deutlich, dass Innovation der einzige Weg heraus aus Krisen ist. Vor allem als Hardware-Hersteller sei Bosch gezwungen, strategische Allianzen mit Software-Startups einzugehen. Beim Thema Diversität in der Gründerszene seien Frauen immer noch unterrepräsentiert. Sie müssten noch sichtbarer werden, sich besser vernetzen und vor allem: Vorbilder finden. Nicole Büttner (Merantix Momentum) nannte hier die Unternehmerin und Gründerin Verena Pausder, die zusammen mit fünf anderen Unternehmerinnen kürzlich ihr Investment in die Frauenmannschaft des Fußballklubs 1. FC Viktoria 1889 Berlin verkündete. Ihr Ziel ist kein geringeres, als die deutsche Sportwelt nachhaltig zu verändern.

Unser Fazit des Tages:
- das Kapital im Markt ist immer noch da, und muss verteilt werden
- es geht „Back to the Basics“: zukünftig werden sich nur die Tech-Startups behaupten können, deren Idee wirklich gut und auch nachhaltig erfolgreich ist
- eine Krise ist die beste Zeit, um ein Unternehmen zu gründen
- die Geschwindigkeit von Finanzierungsrunden wird sich verlangsamen von ca. 18 Monaten auf 24 bis 30 Monate
- Diversität in Unternehmen braucht klare Strukturen, Vorbilder und KPIs
Um im eigenen Unternehmen Innovation voranzutreiben, lohnt sich die Zusammenarbeit mit passenden Startups. Wir von magility helfen Ihnen dabei, die richtigen Kontakte in unserem internationalen Tech-Startup-Netzwerk zu knüpfen. Kontaktieren Sie uns jetzt – Wir beantworten gerne Ihre Fragen.
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von Julia Riemer | Dez. 27, 2021 | Strategie im Wandel, Future Economy, Know-how und Inspiration, Marktentwicklung & Trends
Organisationen – wie jede soziale Einheit – stehen immer in wechselseitigen Beziehungen mit den Akteuren ihres jeweiligen Umfelds. Als solche sind sie Teil eines informellen Ökosystems, das sie mitgestalten, unabhängig davon, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht. Ohne eine strategische und organisatorische Business-Ecosystem-Perspektive neigen Unternehmen dazu, sich selbst als Mittelpunkt des Universums zu verstehen, was es ihnen nicht erlaubt, das größere zusammenhängende Bild zu sehen. Sie konzentrieren sich nur auf die Rationalität ihres eigenen (Teil-)Systems, in der Regel über bilaterale Transaktionen, die in linearen Wertschöpfungsketten strukturiert sind. Und vernachlässigen so die Möglichkeiten, die aus einem aktiven Management der Interdependenzen zwischen den Akteuren entstehen, die ein Unternehmens-Ökosystem bilden.
Dr. Roland Deiser von der Drucker School of Management und Geschäftsführender Vorsitzender des Center for the Future of Organization erklärt in seiner Studie Organizing for Business Ecosystem Leadership, dass für den Erfolg in der komplexen Welt der vernetzten Wertschöpfung Führungskräfte eine neue Art eines strategisch-organisatorischen Denkens brauchen, welches auf einer dezentrierten Perspektive beruht. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Organisationen Mechanismen entwickeln und pflegen, die es ihnen ermöglichen, zum einen den größeren Kontext, in dem sie handeln, aktiv wahrzunehmen und zum anderen entsprechend auf die sich ständig verändernde Dynamik des Systems zu reagieren. Dies erfordert Betriebsmodelle, die diese Dynamik zum Nutzen des gesamten Ökosystems formalisieren. Um dies zu erreichen, müssen solche Modelle strukturiert sein als kollaborative, horizontale Netzwerke. Dabei müssen die im Hinblick auf die Wertschöpfung kooperierenden Elemente sorgfältig ausgewählt und mit institutionalisierten interorganisatorischen Unterstützungsmechanismen (wie z.B. Regeln, Strategien, Anreizen) ausgestattet sein, um Arbeitsschritte überschaubar, transparent und entwicklungsfähig für alle beteiligten Akteure zu machen.
Business Ecosystems werden immer wichtiger
In den letzten zwei oder drei Jahren hat das Konzept der Unternehmensökosysteme erheblich an Bedeutung gewonnen. Bücher und Artikel zu diesem Thema häufen sich, und die weltweit bedeutendste Managementkonferenz – das Global Drucker Forum – hat es zum Thema ihrer Ausgabe 2019 gewählt.
Die Begeisterung ist nicht überraschend. Das Führen und Verwalten der komplexen Netzwerke, die das Geschäftsökosystem eines Unternehmens bilden, ist zu einer entscheidenden Kernkompetenz geworden, um im Kontext der Dynamik der digitalen Transformation, die Branchen umwälzt und die Art und Weise, wie Unternehmen im 21. Jahrhundert neu definiert werden. Die effektive Einbindung in ein Geschäftsökosystem erfordert eine andere Art von strategischem und organisatorischem Scharfsinn, der auf einer dynamischen Systemsicht basiert, die nicht nur das traditionelle lineare Denken, sondern auch die egozentrische Perspektive der meisten Unternehmen überwindet.
Um Einblicke in die Art und Weise zu gewinnen, wie große Unternehmen mit dieser Herausforderung umgehen, hat Dr. Roland Deiser in seiner Studie eine weltweite Umfrage unter Führungskräften durchgeführt, die sich auf die strategischen und organisatorischen Fähigkeiten konzentriert, die für ein erfolgreiches Handeln in Ökosystemnetzwerken erforderlich sind.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie
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Stichprobe:
Es wurden 153 vollständig ausgefüllte Antworten eingereicht. 82 % sind im Top- oder Senior-Management tätig, 76 % kommen aus Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, 22 % haben einen „hohen“, 23 % einen „niedrigen“ digitalen Reifegrad (Selbsteinschätzung).
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Gesamtbewertung der Fähigkeiten:
Die Fähigkeiten im Bereich Business Ecosystem Management (BEM) sind mittelmäßig – nur etwa 1/3 der Befragten geben sich selbst gute oder sehr gute Noten in diesem Bereich.
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Organisatorischer Fokus:
Es gibt nur wenige strukturelle Reaktionen auf die Herausforderung – nur 16% haben eine spezielle Einheit, die sich mit BEM beschäftigt.
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Hemmende Faktoren:
Bestehende Denkweisen und kognitive Landkarten sind die wichtigsten Faktoren, die Unternehmen daran hindern, im BEM erfolgreicher zu sein – 72 % bezeichnen ein mangelndes Verständnis der Netzwerkdynamik als „sehr wichtig“ und „wichtig“; 69 % sind introvertiert/selbstzentriert; ebenfalls 69 % sind nicht in der Lage, über traditionelle Geschäftsmethoden hinaus zu denken.
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Erforderliche Fähigkeiten:
Eine Kultur des Lernens und des Wandels steht an erster Stelle – mehr als 96 % halten dies für eine „sehr wichtige“ oder „wichtige“ Fähigkeit, gefolgt von flexibler Ressourcenzuteilung (92 %), der Fähigkeit, mehrere Betriebs-/Geschäftsmodelle zu orchestrieren (90 %) und einer klaren strategischen Unternehmensführung (88 %).
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Vorhandene Fähigkeiten:
Weniger als 10 % der Unternehmen geben an, in den erforderlichen Fähigkeitsbereichen „sehr stark“ zu sein. Diejenigen, die von Stärke berichten, sind Unternehmen mit einem hohen digitalen Reifegrad.
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Wirksame Maßnahmen:
81 % der Befragten sind der Meinung, dass die Thematisierung von BEM in Führungsprogrammen und Klausurtagungen eine „sehr starke“ oder „starke“ Auswirkung auf den BEM-Reifegrad haben wird. Weitere Top-Wahlmöglichkeiten sind: Hervorhebung von Fällen und Erfolgsgeschichten, die auf der Business Ecosystem-Strategie des Unternehmens basieren (77 %); Gespräche mit wichtigen Einflussnehmern über die Bedeutung des Themas (75 %); und Institutionalisierung von Kooperationsprozessen mit externen Stakeholdern (75 %).
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Was Unternehmen wirklich tun:
Es wird nicht viel getan, um die Herausforderungen systematisch anzugehen. Die am häufigsten angewandten Maßnahmen sind die Organisation von organisationsübergreifenden Gemeinschaften (22 % tun dies „regelmäßig“), Gespräche mit wichtigen Einflussnehmern (18 %) und das Hervorheben von Erfolgsgeschichten (17 %).
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Unterstützung durch L&D/OD:
Signifikante Unterstützung durch L&D und OD zum Aufbau von Fähigkeiten findet nur in 5% der befragten Unternehmen statt, 35% bieten überhaupt keine Unterstützung an. Bei OD – “Organisation Development”, im Deutschen “Organisationsentwicklung” – geht es darum, sicherzustellen, dass die Organisation eine Reihe von Aktivitäten durchführt, die ihr helfen, effizienter zu arbeiten. Bei L&D – “Learning and Development”, im Deutschen “Lernen und Entwicklung” – geht es darum, die Fähigkeiten der Menschen am Arbeitsplatz zu fördern, damit sie in ihrer Arbeit effektiv sein können.
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Laufende Initiativen:
Die Hälfte der befragten Unternehmen (51 %) berichtet über konkrete laufende Initiativen in diesem Bereich, die ein breites Spektrum von Maßnahmen abdecken.
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Anhaltendes Interesse:
80 % aller Befragten würden sich gerne an einer Dialogplattform beteiligen, die einen kontinuierlichen, eingehenden Dialog und gemeinsames Lernen zu diesen Themen ermöglicht.
Was bedeutet das Business Ecosystem für uns?
Da die digitale industrielle Revolution in einem schwindelerregenden Tempo voranschreitet, wird es Lösungsanbietern zunehmend empfohlen, einen ökosystemorientierten Ansatz zu verfolgen. Gegenwärtig übersehen Unternehmen häufig die Möglichkeit innovativer Business-Ecosystem-Partnerschaften oder vermeiden sie sogar absichtlich, weil sie die Kontrolle nicht verlieren wollen oder sich von der Komplexität zu sehr eingeschüchtert fühlen. Die potenziellen Vorteile der Teilnahme an und der Gestaltung von Ökosystemen sind jedoch greifbar und unbestreitbar. Sie sind der Schlüssel zur Erschließung von Wachstum: Sie beschleunigen die Markteinführung, liefern Erkenntnisse und schaffen Unternehmenswert.
Magility als Treiber des Business Ecosystems
Auch magility mischt mit in der Welt der Business Ecosystems. Dr. Roland Deiser vom Drucker Institut in Los Angeles glänzt hierbei als unser Kooperationspartner. Ab dem Jahr 2022 wird das Thema ‚Business Ecosystem Management Consulting‘ eines der neuen Beratungsprodukte von magility sein, neben ‚b2b Sales Consulting‘ und ‚Technology Consulting‘ – mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Elektronifizierung, IOT und Cyber Security.
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