Organisationen – wie jede soziale Einheit – stehen immer in wechselseitigen Beziehungen mit den Akteuren ihres jeweiligen Umfelds. Als solche sind sie Teil eines informellen Ökosystems, das sie mitgestalten, unabhängig davon, ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht. Ohne eine strategische und organisatorische Business-Ecosystem-Perspektive neigen Unternehmen dazu, sich selbst als Mittelpunkt des Universums zu verstehen, was es ihnen nicht erlaubt, das größere zusammenhängende Bild zu sehen. Sie konzentrieren sich nur auf die Rationalität ihres eigenen (Teil-)Systems, in der Regel über bilaterale Transaktionen, die in linearen Wertschöpfungsketten strukturiert sind. Und vernachlässigen so die Möglichkeiten, die aus einem aktiven Management der Interdependenzen zwischen den Akteuren entstehen, die ein Unternehmens-Ökosystem bilden.

Dr. Roland Deiser von der Drucker School of Management und Geschäftsführender Vorsitzender des Center for the Future of Organization erklärt in seiner Studie Organizing for Business Ecosystem Leadership, dass für den Erfolg in der komplexen Welt der vernetzten Wertschöpfung Führungskräfte eine neue Art eines strategisch-organisatorischen Denkens brauchen, welches auf einer dezentrierten Perspektive beruht. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Organisationen Mechanismen entwickeln und pflegen, die es ihnen ermöglichen, zum einen den größeren Kontext, in dem sie handeln, aktiv wahrzunehmen und zum anderen entsprechend auf die sich ständig verändernde Dynamik des Systems zu reagieren. Dies erfordert Betriebsmodelle, die diese Dynamik zum Nutzen des gesamten Ökosystems formalisieren. Um dies zu erreichen, müssen solche Modelle strukturiert sein als kollaborative, horizontale Netzwerke. Dabei müssen die im Hinblick auf die Wertschöpfung kooperierenden Elemente sorgfältig ausgewählt und mit institutionalisierten interorganisatorischen Unterstützungsmechanismen (wie z.B. Regeln, Strategien, Anreizen) ausgestattet sein, um Arbeitsschritte überschaubar, transparent und entwicklungsfähig für alle beteiligten Akteure zu machen. 

Business Ecosystems werden immer wichtiger

In den letzten zwei oder drei Jahren hat das Konzept der Unternehmensökosysteme erheblich an Bedeutung gewonnen. Bücher und Artikel zu diesem Thema häufen sich, und die weltweit bedeutendste Managementkonferenz – das Global Drucker Forum – hat es zum Thema ihrer Ausgabe 2019 gewählt.

Die Begeisterung ist nicht überraschend. Das Führen und Verwalten der komplexen Netzwerke, die das Geschäftsökosystem eines Unternehmens bilden, ist zu einer entscheidenden Kernkompetenz geworden, um im Kontext der Dynamik der digitalen Transformation, die Branchen umwälzt und die Art und Weise, wie Unternehmen im 21. Jahrhundert neu definiert werden. Die effektive Einbindung in ein Geschäftsökosystem erfordert eine andere Art von strategischem und organisatorischem Scharfsinn, der auf einer dynamischen Systemsicht basiert, die nicht nur das traditionelle lineare Denken, sondern auch die egozentrische Perspektive der meisten Unternehmen überwindet.

Um Einblicke in die Art und Weise zu gewinnen, wie große Unternehmen mit dieser Herausforderung umgehen, hat Dr. Roland Deiser in seiner Studie eine weltweite Umfrage unter Führungskräften durchgeführt, die sich auf die strategischen und organisatorischen Fähigkeiten konzentriert, die für ein erfolgreiches Handeln in Ökosystemnetzwerken erforderlich sind. 

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie

  • Stichprobe:

    Es wurden 153 vollständig ausgefüllte Antworten eingereicht. 82 % sind im Top- oder Senior-Management tätig, 76 % kommen aus Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, 22 % haben einen „hohen“, 23 % einen „niedrigen“ digitalen Reifegrad (Selbsteinschätzung).

  • Gesamtbewertung der Fähigkeiten:

    Die Fähigkeiten im Bereich Business Ecosystem Management (BEM) sind mittelmäßig – nur etwa 1/3 der Befragten geben sich selbst gute oder sehr gute Noten in diesem Bereich.

  • Organisatorischer Fokus:

    Es gibt nur wenige strukturelle Reaktionen auf die Herausforderung – nur 16% haben eine spezielle Einheit, die sich mit BEM beschäftigt.

  • Hemmende Faktoren:

    Bestehende Denkweisen und kognitive Landkarten sind die wichtigsten Faktoren, die Unternehmen daran hindern, im BEM erfolgreicher zu sein – 72 % bezeichnen ein mangelndes Verständnis der Netzwerkdynamik als „sehr wichtig“ und „wichtig“; 69 % sind introvertiert/selbstzentriert; ebenfalls 69 % sind nicht in der Lage, über traditionelle Geschäftsmethoden hinaus zu denken.

  • Erforderliche Fähigkeiten:

    Eine Kultur des Lernens und des Wandels steht an erster Stelle – mehr als 96 % halten dies für eine „sehr wichtige“ oder „wichtige“ Fähigkeit, gefolgt von flexibler Ressourcenzuteilung (92 %), der Fähigkeit, mehrere Betriebs-/Geschäftsmodelle zu orchestrieren (90 %) und einer klaren strategischen Unternehmensführung (88 %).

  • Vorhandene Fähigkeiten:

    Weniger als 10 % der Unternehmen geben an, in den erforderlichen Fähigkeitsbereichen „sehr stark“ zu sein. Diejenigen, die von Stärke berichten, sind Unternehmen mit einem hohen digitalen Reifegrad.

  • Wirksame Maßnahmen:

    81 % der Befragten sind der Meinung, dass die Thematisierung von BEM in Führungsprogrammen und Klausurtagungen eine „sehr starke“ oder „starke“ Auswirkung auf den BEM-Reifegrad haben wird. Weitere Top-Wahlmöglichkeiten sind: Hervorhebung von Fällen und Erfolgsgeschichten, die auf der Business Ecosystem-Strategie des Unternehmens basieren (77 %); Gespräche mit wichtigen Einflussnehmern über die Bedeutung des Themas (75 %); und Institutionalisierung von Kooperationsprozessen mit externen Stakeholdern (75 %).

  • Was Unternehmen wirklich tun:

    Es wird nicht viel getan, um die Herausforderungen systematisch anzugehen. Die am häufigsten angewandten Maßnahmen sind die Organisation von organisationsübergreifenden Gemeinschaften (22 % tun dies „regelmäßig“), Gespräche mit wichtigen Einflussnehmern (18 %) und das Hervorheben von Erfolgsgeschichten (17 %).

  • Unterstützung durch L&D/OD:

    Signifikante Unterstützung durch L&D und OD zum Aufbau von Fähigkeiten findet nur in 5% der befragten Unternehmen statt, 35% bieten überhaupt keine Unterstützung an. Bei OD – “Organisation Development”, im Deutschen “Organisationsentwicklung” – geht es darum, sicherzustellen, dass die Organisation eine Reihe von Aktivitäten durchführt, die ihr helfen, effizienter zu arbeiten. Bei L&D – “Learning and Development”, im Deutschen “Lernen und Entwicklung” – geht es darum, die Fähigkeiten der Menschen am Arbeitsplatz zu fördern, damit sie in ihrer Arbeit effektiv sein können.

  • Laufende Initiativen:

    Die Hälfte der befragten Unternehmen (51 %) berichtet über konkrete laufende Initiativen in diesem Bereich, die ein breites Spektrum von Maßnahmen abdecken.

  • Anhaltendes Interesse:

    80 % aller Befragten würden sich gerne an einer Dialogplattform beteiligen, die einen kontinuierlichen, eingehenden Dialog und gemeinsames Lernen zu diesen Themen ermöglicht.

Was bedeutet das Business Ecosystem für uns? 

Da die digitale industrielle Revolution in einem schwindelerregenden Tempo voranschreitet, wird es Lösungsanbietern zunehmend empfohlen, einen ökosystemorientierten Ansatz zu verfolgen. Gegenwärtig übersehen Unternehmen häufig die Möglichkeit innovativer Business-Ecosystem-Partnerschaften oder vermeiden sie sogar absichtlich, weil sie die Kontrolle nicht verlieren wollen oder sich von der Komplexität zu sehr eingeschüchtert fühlen. Die potenziellen Vorteile der Teilnahme an und der Gestaltung von Ökosystemen sind jedoch greifbar und unbestreitbar. Sie sind der Schlüssel zur Erschließung von Wachstum: Sie beschleunigen die Markteinführung, liefern Erkenntnisse und schaffen Unternehmenswert.

Magility als Treiber des Business Ecosystems

Auch magility mischt mit in der Welt der Business Ecosystems. Dr. Roland Deiser vom Drucker Institut in Los Angeles glänzt hierbei als unser Kooperationspartner. Ab dem Jahr 2022 wird das Thema ‚Business Ecosystem Management Consulting‘ eines der neuen Beratungsprodukte von magility sein, neben ‚b2b Sales Consulting‘ und ‚Technology Consulting‘ – mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Elektronifizierung, IOT und Cyber Security. 

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