Jules Verne schrieb im Buch “Die geheimnisvolle Insel” bereits 1874: „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“ 

Alte Technologie holt auf

Die Herstellung von Wasserstoff (H2) durch Elektrolyse wurde bereits im Jahr 1800 entdeckt. Die Brennstoffzelle, die H2 in Strom umwandelt, wurde von Sir William Grove zusammen mit Christian Friedrich Schönbein bereits 1838 erfunden. Aufgrund der Erfindung des elektrischen Generators 1867, auch Dynamomaschine genannt, welcher wesentlich weniger komplex war als die auf H2 basierte Technik, geriet die Wasserstofftechnologie zunächst in Vergessenheit.

1990 bekam die Technologie dann doch wieder einen Schub in der Automobilindustrie, als das Californian Air Resources Board (kurz: CARB), dessen Hauptaufgabe bis heute die Luftreinhaltung ist, ein „Zero-Emission-Program“ einführte. Dieses schrieb den Autoherstellern vor, bis 1998 mindestens zwei Prozent aller Neuwagen so zu bauen, dass sie abgasfrei betrieben werden können; bis 2003 sollte die Quote auf zehn Prozent steigen. Auch die aktuellen Klimaziele befeuern den massiven Ausbau der Wasserstofftechnologie, die bei der Verbrennung nur Wasser hinterlässt und somit grundsätzlich klimaneutral ist. Die Forschung läuft auf Hochtouren. Neue Wasserstoffspeicher-Verfahren in Trägerflüssigkeiten wie LOHC (liquid organic hydrogen carriers) werden erforscht, aber auch weitere Herstellungsmethoden wie das Plasmalyseverfahren der Firma Grafoce oder die Methanpyrolyse, die das Karlsruher Institut für Technologie entwickelt hat, entstehen. 

Auf die Farbe kommt es an

Fast jeder denkt bei Wasserstoff an die Knallgasreaktion im Chemieunterricht in der Schule, bei der H2 und Sauerstoff mittels Elektrolyse hergestellt, und mit einem Knall wieder zu Wasser werden. Ein sauberes Verfahren, so könnten man annehmen. Der größte Anteil des Wasserstoffs entsteht heute jedoch durch die Erdgas-Reformation, ein thermisches, nicht klimaneutrales Verfahren der Großchemie. Auch die Herstellung von H2 durch Elektrolyse ist nur dann sauber, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wurde. 

Über die Art der Produktion von Wasserstoff geben Farben Aufschluss:

H2

Wasserstoffverbrennung kalt und heiß

H2 ist das häufigste chemische Element im Universum und aufgrund seiner ausgezeichneten Speicherkapazität prädestiniert zum Einsatz als Energiespeicher. Es wird immer durch Wärmeenergie oder Strom gewonnen und kommt zur Anwendung in:

Die Brennstoffzelle wandelt H2 und Sauerstoff zu Wasser um. Dieser chemische Prozess wird „kalte Verbrennung“ genannt, da hierbei Energie freigesetzt wird. 

  • Verbrennungsprozessen

H2 kann, als Alternative zu Erdgas oder Benzin, ebenso konventionell “heiß” verbrannt werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass H2 eine höhere Flammgeschwindigkeit als z.B. Erdgas hat, was eine veränderte Brenntechnologie erfordert, um die Flamme stabil und rückschlagfrei zu halten. Hinzu kommt, dass H2 heißer als Erdgas oder Benzin verbrennt. Die heißere Verbrennung führt dazu, dass der Stickstoff (N) in der Umgebungsluft mit dem Sauerstoff (O) reagiert und zu Stickoxid (NOx) wird. 

Stickoxide sind für die sommerliche Ozonbildung verantwortlich und tragen zudem zur Feinstaubbelastung bei.

Das Multitalent

Die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff als potentiell klimaneutraler Energiespeicher wachsen stetig und machen das Gas interessant für viele Anwendungsfälle.

Die Automobilindustrie bietet Brennstoffzellenautos an und entwickelt Lösungen, um H2 direkt im Verbrennungsmotor zu nutzen. Der Toyota Mirai und der Hyundai NEXO setzen beispielsweise vollständig auf Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie, während der Mercedes-Benz GLC F-CELL ein Hybridfahrzeug mit kombinierter Wasserstoff- und Batterietechnologie ist. Einen anderen Weg geht die Firma “KEYOU”. Sie bietet Wasserstoffverbrennungsmotoren für Nutzfahrzeuge an. Schnelle Betankungszeiten, die Gewichtsvorteile gegenüber Batterietechnologie und hohe Reichweiten sprechen hierbei für H2. Auch für Alternative Antriebe  und E-Fuels wird H2 eingesetzt. Der Begriff Power-to-X (PtX) spielt hierbei eine wichtige Rolle. 

  • In der Raumfahrt ist Wasserstoff als Energieträger seit den US-Mondmissionen im Einsatz. Apollo-Raumschiffe hatten die ersten modernen Brennstoffzellen an Bord, um die Stromversorgung sicherzustellen. 
  • Auch in der Intralogistik kommen Brennstoffzellen, z.B. bei Gabelstaplern, zum Einsatz.
  • Sowohl die Firma Linde, als auch die Firma Still bieten Gabelstapler mit Brennstoffzellen an, die schnelles Betanken ermöglichen und emissionsfrei funktionieren. Dadurch sind sie prädestiniert für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie und für den Einsatz im Mehrschichtbetrieb.
  • In der Energiewirtschaft wird Wasserstoff als Zwischenspeicher für erneuerbare Energien aus Windenergie eingesetzt und entweder in das Gasnetz eingeleitet oder bei Bedarf verstromt. Beim Projekt “Die Öhringer Wasserstoff-Insel” soll überschüssiger Strom aus erneuerbarer Energie in Wasserstoff umgewandelt und in das Gasnetz eingespeist werden.
  • Auch in Immobilien kommt die Wasserstoff-Technologie zum Einsatz. Viessmann bietet  Brennstoffzellen-Heizgeräte an, die Wasserstoff aus Erdgas reformieren. Der entstandene Wasserstoff wird mit Hilfe einer Brennstoffzelle zur Produktion von Strom verwendet. 
  • Die bei dieser Reaktion freigesetzte Wärme kann zur Raumbeheizung oder Trinkwassererwärmung genutzt werden. Ein anderes Konzept der Firma Homepower Solutions verwendet Wasserstoff als Saisonspeicher für eigenproduzierte Sonnenenergie. Es kombiniert einen Elektrolyseur zur Erzeugung von Wasserstoff aus Sonnenstrom, eine Brennstoffzelle zur Versorgung mit Strom in der Winterzeit, Batteriekapazität zur Kurzzeit-Speicherung sowie einen Warmwasserspeicher.
  • Der erste wasserstoffbetriebene Zug der Firma Alstom hat die Zulassung für den Personenverkehr erhalten. Als Ersatz für Dieselloks kommt er auf einer niedersächsischen Nahverkehrsstrecke ohne Elektrifizierung zum Einsatz.
  • Die militärische Schifffahrt setzt bei U-Booten Brennstoffzellen und Elektromotoren als lautlosen Antrieb ein. Die zivile Schifffahrt startet hingegen mit ersten Pilotprojekten rund um das Thema Wasserstoff. Unter der Leitung der Meyer Werft wird mit ihren Projektpartnern im Zuge des Demonstrationsvorhabens Pa-X-ell2 eine neue Generation von PEM (Brennstoffzellensystemen) für den Einsatz auf Hochsee-Passagierschiffen durch den Testbetrieb von Versuchsanlagen mit der Brennstoffzellentechnologie untersucht, die als Teil eines dezentralen Energienetzes und hybriden Energiesystems entwickelt werden. Dieser Versuchsreihe kommt ein bedeutender Faktor bei der Entwicklung von Brennstoffzellentechnologie, von Energiekonzepten für die Zukunft sowie der Justierung von zu erarbeitenden Regelwerken zu. Durch die Klimadiskussionen sind Kreuzfahrtreedereien in den Fokus geraten und reagierten: Nachdem Aida Cruises 2018 das erste mit Flüssigerdgas betriebene Kreuzfahrtschiff auf See geschickt hat, soll ab 2021 das selbst verordnete Klimaprogramm um Wasserstoff als Energiequelle ergänzt werden. 
  • Pünktlich zu den Olympischen Spielen in Tokio, die coronabedingt von 2020 auf 2021 verlegt wurden, sollen neben sportlichen Rekorden auch die Praxistauglichkeit der wasserstoff-basierten E-Mobilität belegt werden. Der japanische Autohersteller Toyota plant 100 wasserstoffbetriebene Busse, ebenso sollen Limousinen, die ihre Energie aus Brennstoffzellen beziehen, den Athleten, Gästen und Funktionären zur Verfügung stehen. Insgesamt sind 500 Brennstoffzellen Fahrzeuge geplant. 

Teuer, aber speicherbar

Grüner Wasserstoff wird immer teurer als Strom sein, da zu seiner Herstellung Strom benötigt wird. Doch seine energiespeichernden Eigenschaften machen ihn gleichwohl attraktiv. Im Stromnetz muss der erzeugte Strom auch zur selben Zeit verbraucht werden, um Schäden oder einen Zusammenbruch durch Frequenzschwankungen zu vermeiden. Dies wird durch eine länderübergreifende Vernetzung und Regelung sichergestellt. Erneuerbare Energien entstehen in Abhängigkeit von Wind und Sonne – dadurch stehen sie nicht immer zur Verfügung und können nicht einheitlich geregelt werden. Genau an dieser Stelle kommt Wasserstoff als Speicher ins Spiel, da überschüssige Wind- und Sonnenenergie durch diesen gespeichert werden können. Windkrafträder, die trotz Wind still stehen, werden somit bald der Vergangenheit angehören.

Wenn man jedoch die reine Effizienz der langen Wasserstoffproduktions- und nutzungskette betrachtet, die aus Strom Wasserstoff herstellt, den Wasserstoff komprimiert, transportiert und wieder mit Hilfe einer Brennstoffzelle zu Strom umwandelt, kann man von einer Energievernichtungskaskade sprechen. Dies liegt darin begründet, dass nur 20 % der ursprünglichen Energie erhalten bleiben. Gleichzeitig bietet sich jedoch die Chance, zumindest 20% des Stroms zu nutzen, der vorher vielleicht ungenutzt blieb.

Fördermekka Wasserstoff

Die deutsche Bundesregierung ringt aktuell um die Frage, welche H2-Farbe als klimaneutral angesehen wird und überarbeitet die Nationale Wasserstoff Strategie, die Klima-, Energie-, Industrie- und Innovationspolitik verzahnen soll. Ziel ist es, Deutschland international zu einem Vorreiter beim Thema Wasserstoff zu machen und langfristig die Weltmarktführerschaft bei Wasserstofftechnologien zu erlangen und zu sichern.

Doch ganz gleich ob grüner, blauer oder türkiser Wasserstoff: Die Förderlandschaft ist für Projekte in diesem Umfeld stark ausgeprägt. Mehr als 300 Millionen Euro stehen dafür bis 2023 allein aus dem Klimafonds bereit. Hierbei werden Förderquoten von 40-50 % gewährt. Gefördert werden unter anderem Brennstoffzellenfahrzeuge im ÖPNV, Züge und Schiffe mit Brennstoffzellenantrieb, öffentlich zugängliche Wasserstofftankstellen im Straßenverkehr, Brennstoffzellensysteme zur autarken Energieversorgung kritischer oder netzferner Infrastrukturen sowie Flurförderzeug-Flotten mit Brennstoffzellenantrieb.

Wasserstoff wird viele Industrien verändern und vielfach zur Entstehung neuer Geschäftsmodelle beitragen. Sprechen Sie gerne mit uns, um herauszufinden, welche Geschäftsmodelle sich für Ihr Unternehmen im Zusammenhang mit Wasserstoff anbieten. Wir eruieren gerne gemeinsam mit Ihnen, ob sich die Investition Ihres Unternehmens in die Wasserstofftechnologie lohnt und erschließen gemeinsam die Potentiale, die sich Ihrem Unternehmen in diesem Bereich bieten.