Der Weg zur Klimaneutralität

Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind viele Anstrengungen nötig. Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, Umwelt-, Sozial- und Governance (ESG)-Themen anzugehen und Nachhaltigkeitsziele zu definieren. Lesen Sie alles Wichtige rund um Carbon Credits in unserem Artikel.

Mit einer Dekarbonisierungsstrategie zum Klimaschutz

Über ihre ethischen Implikationen hinaus sind ESG-Maßnahmen und als deren Folge gute ESG-Ratings zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen geworden. Da eine umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung sehr bald verpflichtend sein wird, erkennen Unternehmen die Relevanz des Managements ihres Umwelteinflusses, insbesondere in Bezug auf Kohlenstoffemissionen. Um das in Paris 2015 ausgerufene 1,5-Grad-Ziel für CO2-Emissionen zu erreichen, müssten Experten zufolge die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent des derzeitigen Niveaus gesenkt und bis 2050 auf netto null reduziert werden.

carbon dioxide emissionsQuelle: McKinsey, 2021 

Die schädlichen Auswirkungen dieser Emissionen auf das Weltklima haben Unternehmen und Organisationen dazu veranlasst, ihre Betriebsabläufe neu zu bewerten, sich an umweltfreundlichere Praktiken anzupassen und umfassende Strategien zur Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks zu entwickeln, wie zum Beispiel den Aufbau von Anlagen für erneuerbare Energien.

In einer solchen Dekarbonisierungsstrategie folgt man idealerweise dem Prinzip Avoid – Reduce – Remove – Offset, also Vermeidung – Reduzierung – Entfernung – Kompensation.

Carbon credits can offset emissions

Quelle: Magility, 2022

Allerdings gibt es auch Emissionen, die sich vor allem bei produzierenden Unternehmen nur schwer reduzieren oder sogar ganz vermeiden lassen. Für diese Unternehmen heißt es dann: Kompensation statt Reduktion. Hier kommen die sogenannten Carbon Credits (auf deutsch: Emissionsgutschriften) ins Spiel. 

Carbon Credits und Carbon Allowances

Carbon Credits werden von Unternehmen verwendet, um Emissionen zu kompensieren, die sie nicht vermeiden können. Dieser sogenannte Voluntary Carbon Market (VCM), also die freiwillige Umsetzung, steht im Kontrast zu Regulated Emission Trading Systems (ETS), die von verschiedenen Ländern eingesetzt werden, um Unternehmen dazu zu animieren, Emissionen zu verringern. In den ETS ist die Menge des erlaubten CO2-Ausstoßes begrenzt. Unternehmen, die weniger Emissionen ausstoßen als erlaubt, können diese als sogenannte Carbon Allowances verkaufen – stoßen sie jedoch mehr aus als erlaubt, müssen sie entsprechende Allowances erwerben. 

Über den Kauf von Carbon Credits und damit der Finanzierung von zertifizierten Klimaschutzprojekten können Unternehmen, Regierungen, aber auch Einzelpersonen ihre Emissionen reduzieren, entfernen oder kompensieren. Eine Emissionsgutschrift entspricht dabei der Beseitigung von einer metrischen Tonne CO2

Der europäische Compliance-Markt umfasst seit dem Jahr 2005 CO2-Emissionen aus Industrie, Energie und Luftfahrt, den Branchen mit den aktuell höchsten Emissionen in der EU. Er wird nach dem “Cap and Trade”-Prinzip gesteuert; dabei wird die jährlich verfügbare Menge an Carbon Allowances reduziert, was die Preise steigen lässt und Anreize zur Reduzierung schaffen soll. Im Jahr 2022 lag die Gesamtzahl der im Umlauf befindlichen Zertifikate (TNAC) bei über 1,1 Millionen, womit 38,8 Milliarden Euro an Umsätzen generiert wurden. Die Anzahl der jährlichen Allowances wird kontinuierlich reduziert, um weitere Preissteigerungen zu erzielen.

Der VCM, gestartet 1996 mit den ersten sogenannten REDD-Projekten (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Destruction), hat sich rasch zu einem Million-Dollar-Business entwickelt, das bis 2030 schon knapp 10-40 Milliarden Dollar an Wert haben könnte.

Voluntary carbon market market to rise

Quelle: Shell und BCG, 2022

Das Carbon Credit Ökosystem

Aktuell werden Projekte zur Kompensation von CO2 von unabhängigen privaten Projektentwicklern durchgeführt. Sowohl die Projekte selbst als auch die dadurch eingesparten Tonnen CO₂ werden von externen Prüfern verifiziert. Diese Prüfer wenden verschiedene Standards, wie zum Beispiel den Gold Standard oder den Verra Verified Carbon Standard an, um das Einsparungspotenzial der Projekte zu quantifizieren und zu verifizieren. Nach der Prüfung wird die entsprechende Anzahl von Gutschriften in den sogenannten Carbon Registries der jeweiligen Standards registriert. Die Käufer können die Gutschriften dann direkt von den Projektentwicklern, über die Register oder von anderen Händlern erwerben.

carbon credit ecosystems

Quelle: Magility, 2022

Was sind bisher noch die Nachteile von Carbon Credits?

Da der Markt für Carbon Credits und die dazugehörigen Projekte noch nicht sehr stark  reguliert ist, besteht die Gefahr, dass sich Unternehmen nur zum Schein mit der Reduktion von Emissionen beschäftigen, in nicht umweltverträgliche Projekte investieren oder schlicht Greenwashing betreiben:

  1. Kompensationsmaßnahmen, wie zum Beispiel die Aufforstung des Regenwaldes, sind langfristig gesehen relativ kurz gedachte Maßnahmen – nämlich genau “nur” über die Lebenszeit eines Baumes. Gleichwohl  schaffen solche Maßnahmen in den meisten Fällen auch andere Vorteile für die Umwelt.
  2. In manchen Fällen berücksichtigen (Wieder-)Aufforstungen nicht die Biodiversität der Umgebung, sondern fokussieren sich lediglich auf Faktoren wie schnelles Baumwachstum. Dies wiederum fördert die Ausbreitung von Monokulturen.
  3. Die Preise für Carbon Credits waren in der Vergangenheit noch sehr volatil. Dadurch entsteht die Gefahr, dass Investments für zukünftige Projekte zu niedrig angesetzt werden.
  4. Manche Unternehmen könnten für ein gutes Gewissen einfach Carbon Credits kaufen – und gleichzeitig nichts für die Reduzierung ihrer Emissionen tun. 
  5. Im Rahmen von Impact Investing, also der Investition in nachhaltige Projekte, ist “Additionality” das Zauberwort. Direkt übersetzt bedeutet es so viel wie “Zusätzlichkeit”, d.h. schafft ein Projekt oder ein Investment eine Reduktion von Emissionen, so muss diese zusätzlich zu den Emissionsreduktionen erfolgen, die auch  ohne die Umsetzung des zusätzlichen Projektes erzielt worden wären. Allerdings sind Annahmen darüber, was auch ohne ein spezielles Projekt an Emissionsreduktion erreicht  worden wäre,  oft schwierig, wenn nicht gar  unmöglich. Wären beispielsweise die Solaranlagen in einem ländlichen Gebiet Indiens nur aufgrund des Investments durch Carbon Credits gebaut worden oder hätte man sie ohnehin  gebaut? Wäre ein Wald in Kolumbien wieder aufgeforstet worden, auch ohne die Finanzierung über Carbon Credits?  Obwohl die Zertifizierungsstellen  die Zusätzlichkeit sicherzustellen versuchen,  wird es vermutlich noch eine Weile dauern, bis darüber wirklich Klarheit herrscht.  

    Wie sieht die Zukunft aus?

    Das Pariser Klimaabkommen erlaubt gemäß Artikel 6 die Nutzung von Carbon Credits, um Emissionen zu kompensieren, und auch den Handel damit. Der aktuelle Clean Development Mechanism (CDM) wird durch eine neue Registrierungsmöglichkeit für Projekte ersetzt. Es bleibt aktuell ungewiss, ob und wie stark dies den VCM beeinflussen wird. Obwohl sich die Standardisierung gerade noch in der Entwicklung befindet, werden Carbon Credits ganz ohne Zweifel ein wichtiger Faktor zur Reduzierung von Emissionen und eine ernstzunehmende Währung sein. Um komplett klimaneutral zu werden, braucht es jedoch mehr als nur die reine Kompensation, sondern eine intelligente und ganzheitliche Dekarbonisierungsstrategie.

    Bei magility betrachten wir diese Dekarbonisierungsstrategie als einen grundlegenden Teil unseres ESG-Managementsystems. Wir helfen Ihnen dabei, sie individuell in Ihrem Unternehmen umzusetzen.

    Wann starten Sie in die Zukunft? Kontaktieren Sie uns für weitere Informationen!