Baustoffe werden knapper. Das liegt zum einen an einem weltweiten Bauboom: Mit der permanent steigenden Nachfrage hält das Angebot an Baustoffen derzeit nicht Schritt. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage verteuern sich die Baustoffe demnach massiv. Darüber hinaus aber hat die Baustoff-Knappheit noch einen anderen, weitaus bedenklicheren Grund: Die Ressourcen gehen zur Neige. Die Weltwirtschaft muss hier also radikal umdenken – und auf Nachhaltigkeit setzen. Nur durch Nachhaltigkeit lässt sich sicherstellen, dass auch in Zukunft Rohstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
Den Baustoff Sand gibt es nicht „wie Sand am Meer“
Zum Beispiel Sand: Als Zuschlagstoff für Beton ist Sand so gefragt, dass die Redewendung „wie Sand am Meer“ als Synonym für Überfluss längst ausgedient hat. Jedes Jahr werden 40 bis 50 Milliarden Tonnen Sand verbraucht. Der Sandabbau hat massive Folgen für die Umwelt an Flüssen und Küsten. In den großen Sandwüsten, wo nach herkömmlicher Meinung genügend Sand vorhanden sein müsste, lässt sich diese Baustoff-Ressource nicht gewinnen: Der Wüstensand hat keine Kanten, weil der Wind die Sandkörner rundschleift. Dadurch fehlt dem einzelnen Wüstensandkorn die Fähigkeit, sich mit anderen Körnern zu verbinden. Das wiederum ist die wesentliche Eigenschaft, die Sand für die Betonherstellung so wertvoll macht – und so unverzichtbar.
Bauschutt lässt sich in Einzelteile zerlegen
Ist der Sand einmal „in Beton“ gegossen, wäre er somit endgültig „verbraucht“: Auch das ist eine landläufige Meinung. Doch weit gefehlt: Baustoffrecycling ist hier das entscheidende Stichwort für die Nachhaltigkeit. Bauschutt ist längst kein Fall mehr für die Deponie. Er lässt sich zerkleinern und in viele einzelne Bestandteile zerlegen. Aus altem Beton können Abbruchunternehmen wieder neuen Sand gewinnen. Das Unternehmen Heinrich Feeß aus Kirchheim/Teck – schon 2016 mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet – ist einer der Vorreiter, wenn es darum geht, aus Abbruchmaterial neue, hochwertige Baustoffe herzustellen: durch Sieben, Sortieren und Waschen.
Beton möglichst ortsnah recyceln und wiederverwenden
Zwar können Recyclingmaterialen – die durch nachhaltige Kreislaufwirtschaft dazu beitragen, den Verbrauch von Primärrohstoffen zu senken – nicht verhindern, dass weiterhin weltweit Ressourcen, wie beispielsweise Sand, ausbeuterisch abgebaut werden. Aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch bei Baustoffen zunehmend auf Recycling zu setzen. Das verhindert – Tonne für Tonne – negative Umweltfolgen an den Abbauorten weltweit. Es erspart aber auch den Ausstoß von C02, der durch die langen Transportwege anfällt. Der Idealfall der Nachhaltigkeit zu Ende gedacht, wäre in diesem Fall: Beton abzubrechen und möglichst ortsnah zu recyceln– um die Recyclingmaterialien gleichfalls wieder möglichst ortsnah für Neubauten zu verwenden. Das wäre ein wichtiger „Baustein“, um Klimaziele erreichen zu können und um die Erde auch für künftige Generationen zu erhalten.
Sekundärrohstoffe von hoher Qualität
Gefragt sind dabei nicht nur findige Unternehmer oder auch die Wissenschaft, um das Bauschuttrecycling immer weiter auszubauen. Gefragt ist auch die Politik, die die Weichen stellen müsste, um in der Gesetzgebung diese Art der Nachhaltigkeit vorzuschreiben. Es geht außerdem darum, die Qualität des Recyclingbetons neu zu bewerten. Bislang gilt Recyclingbeton bei vielen Architekten und Bauherren immer noch als minderwertig. Dieser ablehnenden Haltung lässt sich aber durch Vorschriften für die Qualitätssicherung entgegenwirken: Wenn Abbruch- und Recyclingunternehmen durch entsprechende gesetzliche Vorgaben dahingehend gelenkt werden, dass sie nachweislich nur hochwertige Recyclingprodukte herstellen und vertreiben können, werden sich die Sekundärrohstoffe am Markt gleichwertig zu den Primärrohstoffen behaupten können.
Eine Lobby gegen die Wiederverwertung von Baustoffen
Schwierigkeiten scheinen indessen immer noch die Hersteller der Primärrohstoffe zu bereiten: Sie fürchten die zunehmende Konkurrenz des Recyclings. Somit versuchen sie, auf Kosten einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die schonend mit den endlichen Ressourcen dieser Welt umgeht, ihren eigenen Profit zu steigern oder wenigstens zu erhalten. Sie nehmen mit ihrer Haltung auch Einfluss auf die Politik, um Gesetze zu verhindern, die die Nachhaltigkeit stärken würden.
- Die weltweite Verknappung von Ressourcen ist ein großes Problem. Auf Dauer hilft dagegen nur nachhaltiges Denken. Bauschutt etwa lässt sich trennen und recyceln.
- Recycelbare Baustoffe rücken in den Fokus: Wer Abbruchmaterialien wiederverwendet, bremst den Anstieg beim Abbau neuer Rohstoffe. Die Politik muss deshalb Qualitätsansprüche für Recyclingbeton definieren. Außerdem lassen sich durch die ortsnahe Wiederverwendung von Recyclingmaterial große Mengen CO2 einsparen, weil lange Transportwege entfallen.
- Der CO2-Ausstoß ist auch bei der Herstellung von Zement ein großes Problem. Hier muss die Industrie ihre Prozesse optimieren, um bei gleicher Menge Zement künftig weniger CO2 freizusetzen.
- Ökologische Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen dienen der Nachhaltigkeit.
- Nachhaltigkeit ist auch eine Aufgabe der Architekten, beim Planen eines Gebäudes auch schon an dessen späteren Abbruch zu denken – um aus dem künftigen Schutt wieder möglichst wertvolle Sekundärrohstoffe gewinnen zu können.
Die Zementindustrie produziert viel CO2
Der CO2-Ausstoß ist nicht nur ein Nachteil beim Transport von Sand über weite Entfernungen – oftmals um die halbe Erde – hinweg, sondern auch bei der Herstellung von Zement, einem weiteren wichtigen Bestandteil von Beton. Obwohl in den Zementwerken in den vergangenen Jahren schon sehr viel umweltschonender gearbeitet wird, liegt die Zementindustrie weltweit beim CO2-Ausstoß immer noch viermal so hoch wie der Flugverkehr – ebenfalls weltweit. Das heißt nicht, dass der „ökologische Fußabdruck“ des einzelnen „Vielfliegers“ angesichts dieser Dimensionen keine große Rolle spielt. Es geht vielmehr darum, dass auch die Zementhersteller weltweit daran arbeiten müssen, ihre Prozesse zu optimieren, um ihren CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren. Dieser Ausstoß wird weiterhin hoch bleiben, weil bei der Herstellung von Zement grundsätzlich Kohlendioxid freigesetzt wird, das sonst in Kalk gebunden bliebe.
Mehr ökologische Baustoffe
Dem zementhaltigen Beton sind demnach ökologische Baustoffe wie Holz, Kork, Lehm, Ziegel oder auch Dämmstoffe wie Hanf, Jute, Holzwolle, Holz- und Kokosfaser vorzuziehen. Gerade Holz und Kork haben den Vorteil, dass sie nachwachsen, also in jeder Hinsicht nachhaltig sind. Allerdings ist darauf zu achten, dass das Holz, wie schon am Beispiel des recycelten Bauschutts aufgezeigt, auch möglichst nahe der Gegend wächst, in der es verbraucht wird. Der Nachteil langer Transportwege bleibt – im Hinblick auf den CO2-Ausstoß – derselbe, ob nun Sand oder Holz transportiert wird. Entscheidend für nachhaltige Baustoffe ist aber immer auch die Frage, ob sie wiederverwendbar sind.
Beim Bauen ist der spätere Abbruch schon sorgfältig zu planen
Das Wiederverwenden muss möglichst schon beim Bauen mitgedacht werden: Von den Pyramiden in Ägypten oder von mittelalterlichen Kathedralen in Europa abgesehen, wird selten etwas „für die Ewigkeit“ gebaut. Bei vielen Bauprojekten gehen Bauherren und Architekten heute von einer „Lebenserwartung“ ihrer Gebäude zwischen 50 und 100 Jahren aus. Viele Häuser fallen auch schon nach 20 bis 30 Jahren der Abrissbirne zum Opfer. Wer also bei den Materialien und bei deren Verbindung von vornherein darauf achtet, dass diese sich bei einem späteren Abbruch leicht auseinandernehmen, trennen und recyceln lassen, handelt ähnlich nachhaltig wie derjenige, der Betonwände durch Holzwände ersetzt. Auch das wird zum Bestandteil der „Smart City“.
Klimaziele, CO2 und die Bauindustrie
Um die Klimaziele zu erreichen, muss die CO2 Reduktion industrieübergreifend in den Fokus rücken. Da die Bauindustrie im Vergleich zu anderen Industrien einen beträchtlichen Teil des CO2 Ausstoßes verursacht – der Sektor macht laut dem 2020 GLOBAL STATUS REPORT FOR BUILDINGS AND CONSTRUCTION mittlerweile 38 Prozent (9,95 Gt CO2) der globalen CO2-Emissionen aus – betrachten wir von magility die Entwicklungen in diesem Sektor mit Argusaugen. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zu den neuesten Entwicklungen und Trends aus diesem Bereich haben. Wir helfen Firmen aus der Bauindustrie, ihre Geschäftsmodelle so anzupassen, dass sie sowohl wirtschaftlich als auch klimafreundlich agieren können.