Synthetische Kraftstoffe – Energie für die Zukunft

Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen des Verkehrs in den nächsten Jahrzehnten zusätzlich erheblich gesenkt werden. Neben der Elektromobilität sind hocheffiziente Verbrennungsmotoren, die mit synthetischen Kraftstoffen (sogenannten E-Fuels) betrieben werden, ein vielversprechender Weg.

Synthetische Kraftstoffe werden im Allgemeinen als eine Technologie angesehen, die eine wichtige Rolle bei der Erreichung von Netto-Null im Verkehrssektor spielen wird. Begriffe wie „Biokraftstoff“, „Synfuel“ und „E-Fuel“ werden oft synonym verwendet. Die verschiedenen Arten synthetischer Kraftstoffe unterscheiden sich jedoch in Bezug auf ihre Herstellung, Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit erheblich voneinander. Synthetische Kraftstoffe sind flüssige Kraftstoffe, die im Grunde die gleichen Eigenschaften wie fossile Kraftstoffe haben, aber künstlich hergestellt werden. Sie können auf dieselbe Weise verwendet werden wie fossile Brennstoffe, die überall auf der Welt eingesetzt werden. So ist es zum Beispiel möglich, synthetischen Flugzeugtreibstoff, Diesel oder Benzin für herkömmliche Flugzeuge, Schiffe, Lastwagen und Autos herzustellen. Der Hauptunterschied zwischen fossilen und synthetischen Kraftstoffen besteht darin, wie sie hergestellt werden: Fossile Kraftstoffe entstehen über Millionen von Jahren unter der Erde aus organischem Material, das in Kohle, Erdgas oder Öl umgewandelt wird. Synthetische Kraftstoffe werden durch Nachahmung dieser natürlichen Prozesse aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt.

Wie werden erneuerbare synthetische Kraftstoffe hergestellt?

Um die Herstellung erneuerbarer synthetischer Kraftstoffe zu verstehen, muss man wissen, woraus fossile Kraftstoffe bestehen: Vereinfacht gesagt, bestehen sie aus Ketten der Elemente Wasserstoff (H) und Kohlenstoff (C). Mit anderen Worten: Sie bestehen aus Hunderten von verschiedenen Kohlenwasserstoffmolekülen.

Der Schlüssel zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe ist Synthesegas (Syngas), ein Gemisch aus Wasserstoff (H) und Kohlenmonoxid (CO). Synthesegas ist der universelle Baustein, den man benötigt, um jede Art von flüssigem Kohlenwasserstoff-Kraftstoff wie Flugzeugtreibstoff, Diesel oder Benzin herzustellen. Die Umwandlung von Synthesegas in Kraftstoff ist ein etablierter industrieller Prozess, der seit Jahrzehnten in großem Maßstab angewandt wird, wobei Kohle und Erdgas als Ausgangsstoffe verwendet werden. Dies ist jedoch wiederum nicht nachhaltig. Und genau hier liegt die Herausforderung: Syngas nachhaltig zu produzieren. Für die Herstellung von Synthesegas wird eine große Menge Energie benötigt. Um sie nachhaltig zu erzeugen, muss diese Energie aus einer erneuerbaren Ressource wie Biomasse, Sonne, Wind oder Wasser stammen.

Durch welche Umwandlungsschritte und Verfahren entstehen aus Eingangsstoffen und -energien alternative Kraftstoffe? Nicht alle alternativen Kraftstoffe sind automatisch erneuerbare oder synthetische Kraftstoffe. Die folgende Grafik schlüsselt detailliert die Erzeugungspfade entlang der Umwandlungsschritte der Eingangsenergien hin zum Kraftstoff auf:

Erzeugungspfade Alternativer Kraftstoffe_NOW GmbH

Bild: Erzeugungspfade Alternativer Kraftstoffe (Quelle: NOW GmbH)

Welche Arten von erneuerbaren synthetischen Kraftstoffen gibt es?

Bislang sind drei Methoden zur Herstellung von erneuerbarem Synthesegas und damit von klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen bekannt: Biokraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden, E-Kraftstoffe, die mit erneuerbarem Strom erzeugt werden, und Solarkraftstoffe, die mit Sonnenwärme hergestellt werden. Bei allen drei Verfahren wird hauptsächlich Synthesegas verwendet, ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Das Synthesegas wird anschließend über industrielle Gas-to-Liquid-Verfahren in flüssige Kraftstoffe umgewandelt. Deshalb werden diese drei Verfahren manchmal auch als „Biomass-to-Liquid“, „Power-to-Liquid“ bzw. „Sun-to-Liquid“ bezeichnet.

Biomass-to-Liquid erzeugt Biokraftstoffe

Es gibt zwar mehrere Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in flüssige Kraftstoffe, aber das skalierbarste und vielseitigste in Bezug auf das Ausgangsmaterial ist die Vergasung von Biomasse, auch “Biomass-to-Liquid” genannt. Genauer gesagt, wird die Biomasse bei hohen Temperaturen in Synthesegas umgewandelt. Die für den Prozess erforderliche Wärmezufuhr wird in der Regel durch die Verbrennung eines Teils der Biomasse selbst erzeugt. Ausgangsstoffe können angebaute Pflanzen (d. h. Energiepflanzen wie Zuckerrohr oder Mais), Abfallbiomasse oder Algen sein. Biokraftstoffe sind die einzige Art von erneuerbaren synthetischen Kraftstoffen, die bereits in kleinen Mengen auf dem Markt erhältlich sind. Sie werden oft kritisiert, weil sie mit der Lebensmittelindustrie um Anbauflächen konkurrieren, Wasser verbrauchen und nur begrenzt skalierbar sind.

Biomass-to-Liquid produces biofuels

Bild: Biomass-to-Liquid erzeugt Biokraftstoffe (Quelle: Synhelion)

Power-to-Liquid erzeugt E-Kraftstoffe

E-Kraftstoffe werden aus erneuerbarer Elektrizität wie Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft hergestellt. Das Power-to-Liquid-Verfahren beruht auf einer Reihe von Energieumwandlungsschritten. Zunächst wird erneuerbarer Strom erzeugt, der dann einen Elektrolyseur antreibt, der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Anschließend wird der Wasserstoff mit Kohlendioxid gemischt und über die umgekehrte Wassergasverschiebung (RWGS) in Synthesegas umgewandelt – ein Prozess, der bei hohen Temperaturen abläuft und mit Strom betrieben wird. Es sind mehrere Projekte geplant, aber bis jetzt gibt es noch keine industrielle E-Fuel-Anlage, was auch bedeutet, dass E-Fuels noch nicht auf dem Markt erhältlich sind. E-Fuels können mit jeder Art von erneuerbarem Strom hergestellt werden, so dass sie theoretisch überall auf der Welt produziert werden könnten. Die Stromspeicherung für den Dauerbetrieb ist jedoch nach wie vor eine Herausforderung, die die Anwendung auf wenige Regionen mit einer außerordentlich günstigen und kontinuierlichen Versorgung mit erneuerbarem Strom beschränkt oder die Integration teurer Batterietechnologie erfordert.

Power-to-Liquid produces e-fuels

Bild: Power-to-Liquid erzeugt E-Kraftstoffe (Quelle: Synhelion)

Sun-to-Liquid produziert solare Brennstoffe

Solarkraftstoffe werden aus Sonnenwärme hergestellt, die einen thermochemischen Reaktor antreibt. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als “Sun-to-Liquid”. In dem Reaktor werden Kohlendioxid und Wasser in Synthesegas umgewandelt. Genau wie E-Fuels sind Solarkraftstoffe noch nicht auf dem Markt erhältlich. Sonnige Regionen bieten ideale Bedingungen für die Herstellung von Solarkraftstoffen, insbesondere Wüsten und semiaride Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung. Die tagsüber erzeugte Sonnenwärme kann durch kostengünstige thermische Energiespeicher gespeichert werden und ermöglicht so die Produktion von Kraftstoffen rund um die Uhr. Die Speicherung macht solare Brennstoffanlagen autark und unabhängig von einem Netz, so dass sie schnell und in großem Umfang eingesetzt werden können.

Sun-to-Liquid produces solar fuels

Bild: Sun-to-Liquid produziert solare Brennstoffe (Quelle: Synhelion)

Wo können synthetische Kraftstoffe verwendet werden?

Synthetische Kraftstoffe sind mit der bestehenden globalen Kraftstoffinfrastruktur sehr gut kompatibel. Sie können in herkömmlichen Verbrennungsmotoren und Düsentriebwerken verwendet werden, was bedeutet, dass normale Autos, Flugzeuge und Schiffe mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können, ohne dass sie ausgetauscht oder umgerüstet werden müssen. Außerdem können sie die bestehende Kraftstoffinfrastruktur für Lagerung und Vertrieb nutzen.

Erneuerbare synthetische Kraftstoffe werden allgemein als Lösung für die Dekarbonisierung insbesondere derjenigen Verkehrsbereiche angesehen, die nicht elektrifiziert werden können. Der Fernverkehr benötigt Energieträger mit einer sehr hohen Energiedichte und wird daher weiterhin auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein. Für den Langstreckenflugverkehr sind Batterien zu schwer und zu sperrig. Daher setzt die Luftfahrtindustrie auf erneuerbare synthetische Kraftstoffe, die sie Sustainable Aviation Fuels (SAF) nennt, um in Zukunft Netto-Null zu erreichen.

Was sind die Vor- und Nachteile?

Die Studie „E-Fuels – The potential of electricity-based fuels for low emission transport in the EU“ analysiert den künftigen Energiebedarf des europäischen Verkehrsmarktes sowie den notwendigen Aufbau von Kapazitäten für erneuerbare Energiekapazitäten und die damit verbundenen Investitionen, die erforderlich sind, um eine 80-95%ige Reduzierung der Treibhausgase zu erreichen. Folgende Vor- und Nachteile konnten herausgearbeitet werden:

  • E-Fuels haben eine hohe Energiedichte und können daher bequem über weite Strecken transportiert und über längere Zeiträume stationär gelagert werden, so dass sie auch saisonale Versorgungsschwankungen ausgleichen und so zur Stabilisierung der Energieversorgung beitragen.
  • Die gesamte Benzin/Diesel/Kerosin/Gas-Infrastruktur (Pipelines, Tankstellen) kann weiter genutzt werden.
  • E-Fuels können vom bestehenden Bestand an Personen- und Nutzfahrzeugen (Legacy) und von schwer elektrifizierbaren Verkehrsträgern (Aviation) genutzt werden.
  • Die Gesamtenergieeffizienz der Stromnutzung in batterieelektrischen Fahrzeugen ist 4-6 mal, die von Wasserstoff in Brennstoffzellenfahrzeugen etwa 2 mal höher als bei E-Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren einschließlich Netzintegration. 

Was wir jetzt tun müssen

Alle Verkehrsmittel sollten elektrifiziert oder teilweise elektrifiziert werden, wo immer dies ökologisch und technisch machbar ist. E-Kraftstoffe werden für Verkehrsanwendungen von entscheidender Bedeutung sein, für die derzeit noch keine elektrischen Antriebsstränge problemlos verfügbar sind. Deshalb müssen Politik und Industrie jetzt die Rahmenbedingungen schaffen, die E-Kraftstoffe wirtschaftlich attraktiv machen.

Die politischen Entscheidungsträger und die Industrie müssen eine strategische Agenda für Technologieforschung, Marktentwicklung und Regulierung von E-Kraftstoffen entwerfen. Eine sektorübergreifende Plattform für E-Kraftstoffe könnte diesen Prozess in naher Zukunft einleiten und koordinieren.

E-Kraftstoffe befinden sich derzeit in der Phase der Demonstration und der sehr frühen Marktdurchdringung. Ein geeigneter rechtlicher und wirtschaftlicher Rahmen ist unerlässlich, um mehr Investitionen in die Effizienz der Kraftstoffproduktion zu lenken und die Marktdurchdringung zu beschleunigen. Aus wirtschaftlicher Sicht könnte der Verkehrssektor die Schlüsselrolle spielen, da er nicht direkt mit dem Problem der Verlagerung von CO2-Emissionen konfrontiert ist und die Kunden eher zur ökologischen Nachhaltigkeit neigen.

Wir von magility werden weiterhin die Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen beobachten. Wir halten Sie hierzu gerne auf dem Laufenden. 

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