von Nada Welker | Juni 7, 2023 | ESG, Future Economy, Strategie im Wandel
Der Weg zur Klimaneutralität
Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind viele Anstrengungen nötig. Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, Umwelt-, Sozial- und Governance (ESG)-Themen anzugehen und Nachhaltigkeitsziele zu definieren. Lesen Sie alles Wichtige rund um Carbon Credits in unserem Artikel.
Mit einer Dekarbonisierungsstrategie zum Klimaschutz
Über ihre ethischen Implikationen hinaus sind ESG-Maßnahmen und als deren Folge gute ESG-Ratings zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen geworden. Da eine umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung sehr bald verpflichtend sein wird, erkennen Unternehmen die Relevanz des Managements ihres Umwelteinflusses, insbesondere in Bezug auf Kohlenstoffemissionen. Um das in Paris 2015 ausgerufene 1,5-Grad-Ziel für CO2-Emissionen zu erreichen, müssten Experten zufolge die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent des derzeitigen Niveaus gesenkt und bis 2050 auf netto null reduziert werden.
Quelle: McKinsey, 2021
Die schädlichen Auswirkungen dieser Emissionen auf das Weltklima haben Unternehmen und Organisationen dazu veranlasst, ihre Betriebsabläufe neu zu bewerten, sich an umweltfreundlichere Praktiken anzupassen und umfassende Strategien zur Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks zu entwickeln, wie zum Beispiel den Aufbau von Anlagen für erneuerbare Energien.
In einer solchen Dekarbonisierungsstrategie folgt man idealerweise dem Prinzip Avoid – Reduce – Remove – Offset, also Vermeidung – Reduzierung – Entfernung – Kompensation.

Quelle: Magility, 2022
Allerdings gibt es auch Emissionen, die sich vor allem bei produzierenden Unternehmen nur schwer reduzieren oder sogar ganz vermeiden lassen. Für diese Unternehmen heißt es dann: Kompensation statt Reduktion. Hier kommen die sogenannten Carbon Credits (auf deutsch: Emissionsgutschriften) ins Spiel.
Carbon Credits und Carbon Allowances
Carbon Credits werden von Unternehmen verwendet, um Emissionen zu kompensieren, die sie nicht vermeiden können. Dieser sogenannte Voluntary Carbon Market (VCM), also die freiwillige Umsetzung, steht im Kontrast zu Regulated Emission Trading Systems (ETS), die von verschiedenen Ländern eingesetzt werden, um Unternehmen dazu zu animieren, Emissionen zu verringern. In den ETS ist die Menge des erlaubten CO2-Ausstoßes begrenzt. Unternehmen, die weniger Emissionen ausstoßen als erlaubt, können diese als sogenannte Carbon Allowances verkaufen – stoßen sie jedoch mehr aus als erlaubt, müssen sie entsprechende Allowances erwerben.
Über den Kauf von Carbon Credits und damit der Finanzierung von zertifizierten Klimaschutzprojekten können Unternehmen, Regierungen, aber auch Einzelpersonen ihre Emissionen reduzieren, entfernen oder kompensieren. Eine Emissionsgutschrift entspricht dabei der Beseitigung von einer metrischen Tonne CO2.
Der europäische Compliance-Markt umfasst seit dem Jahr 2005 CO2-Emissionen aus Industrie, Energie und Luftfahrt, den Branchen mit den aktuell höchsten Emissionen in der EU. Er wird nach dem “Cap and Trade”-Prinzip gesteuert; dabei wird die jährlich verfügbare Menge an Carbon Allowances reduziert, was die Preise steigen lässt und Anreize zur Reduzierung schaffen soll. Im Jahr 2022 lag die Gesamtzahl der im Umlauf befindlichen Zertifikate (TNAC) bei über 1,1 Millionen, womit 38,8 Milliarden Euro an Umsätzen generiert wurden. Die Anzahl der jährlichen Allowances wird kontinuierlich reduziert, um weitere Preissteigerungen zu erzielen.
Der VCM, gestartet 1996 mit den ersten sogenannten REDD-Projekten (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Destruction), hat sich rasch zu einem Million-Dollar-Business entwickelt, das bis 2030 schon knapp 10-40 Milliarden Dollar an Wert haben könnte.

Quelle: Shell und BCG, 2022
Das Carbon Credit Ökosystem
Aktuell werden Projekte zur Kompensation von CO2 von unabhängigen privaten Projektentwicklern durchgeführt. Sowohl die Projekte selbst als auch die dadurch eingesparten Tonnen CO₂ werden von externen Prüfern verifiziert. Diese Prüfer wenden verschiedene Standards, wie zum Beispiel den Gold Standard oder den Verra Verified Carbon Standard an, um das Einsparungspotenzial der Projekte zu quantifizieren und zu verifizieren. Nach der Prüfung wird die entsprechende Anzahl von Gutschriften in den sogenannten Carbon Registries der jeweiligen Standards registriert. Die Käufer können die Gutschriften dann direkt von den Projektentwicklern, über die Register oder von anderen Händlern erwerben.

Quelle: Magility, 2022
Was sind bisher noch die Nachteile von Carbon Credits?
Da der Markt für Carbon Credits und die dazugehörigen Projekte noch nicht sehr stark reguliert ist, besteht die Gefahr, dass sich Unternehmen nur zum Schein mit der Reduktion von Emissionen beschäftigen, in nicht umweltverträgliche Projekte investieren oder schlicht Greenwashing betreiben:
- Kompensationsmaßnahmen, wie zum Beispiel die Aufforstung des Regenwaldes, sind langfristig gesehen relativ kurz gedachte Maßnahmen – nämlich genau “nur” über die Lebenszeit eines Baumes. Gleichwohl schaffen solche Maßnahmen in den meisten Fällen auch andere Vorteile für die Umwelt.
- In manchen Fällen berücksichtigen (Wieder-)Aufforstungen nicht die Biodiversität der Umgebung, sondern fokussieren sich lediglich auf Faktoren wie schnelles Baumwachstum. Dies wiederum fördert die Ausbreitung von Monokulturen.
- Die Preise für Carbon Credits waren in der Vergangenheit noch sehr volatil. Dadurch entsteht die Gefahr, dass Investments für zukünftige Projekte zu niedrig angesetzt werden.
- Manche Unternehmen könnten für ein gutes Gewissen einfach Carbon Credits kaufen – und gleichzeitig nichts für die Reduzierung ihrer Emissionen tun.
- Im Rahmen von Impact Investing, also der Investition in nachhaltige Projekte, ist “Additionality” das Zauberwort. Direkt übersetzt bedeutet es so viel wie “Zusätzlichkeit”, d.h. schafft ein Projekt oder ein Investment eine Reduktion von Emissionen, so muss diese zusätzlich zu den Emissionsreduktionen erfolgen, die auch ohne die Umsetzung des zusätzlichen Projektes erzielt worden wären. Allerdings sind Annahmen darüber, was auch ohne ein spezielles Projekt an Emissionsreduktion erreicht worden wäre, oft schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Wären beispielsweise die Solaranlagen in einem ländlichen Gebiet Indiens nur aufgrund des Investments durch Carbon Credits gebaut worden oder hätte man sie ohnehin gebaut? Wäre ein Wald in Kolumbien wieder aufgeforstet worden, auch ohne die Finanzierung über Carbon Credits? Obwohl die Zertifizierungsstellen die Zusätzlichkeit sicherzustellen versuchen, wird es vermutlich noch eine Weile dauern, bis darüber wirklich Klarheit herrscht.
Wie sieht die Zukunft aus?
Das Pariser Klimaabkommen erlaubt gemäß Artikel 6 die Nutzung von Carbon Credits, um Emissionen zu kompensieren, und auch den Handel damit. Der aktuelle Clean Development Mechanism (CDM) wird durch eine neue Registrierungsmöglichkeit für Projekte ersetzt. Es bleibt aktuell ungewiss, ob und wie stark dies den VCM beeinflussen wird. Obwohl sich die Standardisierung gerade noch in der Entwicklung befindet, werden Carbon Credits ganz ohne Zweifel ein wichtiger Faktor zur Reduzierung von Emissionen und eine ernstzunehmende Währung sein. Um komplett klimaneutral zu werden, braucht es jedoch mehr als nur die reine Kompensation, sondern eine intelligente und ganzheitliche Dekarbonisierungsstrategie. Neuerdings wurde in der COP29 das Pariser Abkommen um Artikel 6.4 erweitert, um einen neuen Mechanismus einzuführen, der einen transparenteren und effizienteren Rahmen für Klimaschutzmaßnahmen schafft und Carbon Credits revolutioniert. Alles rund um die neuen Carbon Credits gibt es hier zu lesen.
Bei magility betrachten wir diese Dekarbonisierungsstrategie als einen grundlegenden Teil unseres ESG-Managementsystems. Wir helfen Ihnen dabei, sie individuell in Ihrem Unternehmen umzusetzen.
Wann starten Sie in die Zukunft? Kontaktieren Sie uns für weitere Informationen!
von Julia Riemer | Feb. 7, 2022 | New Mobility, Automotive, Future Economy, High Tech Trends, Marktentwicklung & Trends
Synthetische Kraftstoffe – Energie für die Zukunft
Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen des Verkehrs in den nächsten Jahrzehnten zusätzlich erheblich gesenkt werden. Neben der Elektromobilität sind hocheffiziente Verbrennungsmotoren, die mit synthetischen Kraftstoffen (sogenannten E-Fuels) betrieben werden, ein vielversprechender Weg.
Synthetische Kraftstoffe werden im Allgemeinen als eine Technologie angesehen, die eine wichtige Rolle bei der Erreichung von Netto-Null im Verkehrssektor spielen wird. Begriffe wie „Biokraftstoff“, „Synfuel“ und „E-Fuel“ werden oft synonym verwendet. Die verschiedenen Arten synthetischer Kraftstoffe unterscheiden sich jedoch in Bezug auf ihre Herstellung, Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit erheblich voneinander. Synthetische Kraftstoffe sind flüssige Kraftstoffe, die im Grunde die gleichen Eigenschaften wie fossile Kraftstoffe haben, aber künstlich hergestellt werden. Sie können auf dieselbe Weise verwendet werden wie fossile Brennstoffe, die überall auf der Welt eingesetzt werden. So ist es zum Beispiel möglich, synthetischen Flugzeugtreibstoff, Diesel oder Benzin für herkömmliche Flugzeuge, Schiffe, Lastwagen und Autos herzustellen. Der Hauptunterschied zwischen fossilen und synthetischen Kraftstoffen besteht darin, wie sie hergestellt werden: Fossile Kraftstoffe entstehen über Millionen von Jahren unter der Erde aus organischem Material, das in Kohle, Erdgas oder Öl umgewandelt wird. Synthetische Kraftstoffe werden durch Nachahmung dieser natürlichen Prozesse aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt.
Wie werden erneuerbare synthetische Kraftstoffe hergestellt?
Um die Herstellung erneuerbarer synthetischer Kraftstoffe zu verstehen, muss man wissen, woraus fossile Kraftstoffe bestehen: Vereinfacht gesagt, bestehen sie aus Ketten der Elemente Wasserstoff (H) und Kohlenstoff (C). Mit anderen Worten: Sie bestehen aus Hunderten von verschiedenen Kohlenwasserstoffmolekülen.
Der Schlüssel zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe ist Synthesegas (Syngas), ein Gemisch aus Wasserstoff (H) und Kohlenmonoxid (CO). Synthesegas ist der universelle Baustein, den man benötigt, um jede Art von flüssigem Kohlenwasserstoff-Kraftstoff wie Flugzeugtreibstoff, Diesel oder Benzin herzustellen. Die Umwandlung von Synthesegas in Kraftstoff ist ein etablierter industrieller Prozess, der seit Jahrzehnten in großem Maßstab angewandt wird, wobei Kohle und Erdgas als Ausgangsstoffe verwendet werden. Dies ist jedoch wiederum nicht nachhaltig. Und genau hier liegt die Herausforderung: Syngas nachhaltig zu produzieren. Für die Herstellung von Synthesegas wird eine große Menge Energie benötigt. Um sie nachhaltig zu erzeugen, muss diese Energie aus einer erneuerbaren Ressource wie Biomasse, Sonne, Wind oder Wasser stammen.
Durch welche Umwandlungsschritte und Verfahren entstehen aus Eingangsstoffen und -energien alternative Kraftstoffe? Nicht alle alternativen Kraftstoffe sind automatisch erneuerbare oder synthetische Kraftstoffe. Die folgende Grafik schlüsselt detailliert die Erzeugungspfade entlang der Umwandlungsschritte der Eingangsenergien hin zum Kraftstoff auf:

Bild: Erzeugungspfade Alternativer Kraftstoffe (Quelle: NOW GmbH)
Welche Arten von erneuerbaren synthetischen Kraftstoffen gibt es?
Bislang sind drei Methoden zur Herstellung von erneuerbarem Synthesegas und damit von klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen bekannt: Biokraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden, E-Kraftstoffe, die mit erneuerbarem Strom erzeugt werden, und Solarkraftstoffe, die mit Sonnenwärme hergestellt werden. Bei allen drei Verfahren wird hauptsächlich Synthesegas verwendet, ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Das Synthesegas wird anschließend über industrielle Gas-to-Liquid-Verfahren in flüssige Kraftstoffe umgewandelt. Deshalb werden diese drei Verfahren manchmal auch als „Biomass-to-Liquid“, „Power-to-Liquid“ bzw. „Sun-to-Liquid“ bezeichnet.
Biomass-to-Liquid erzeugt Biokraftstoffe
Es gibt zwar mehrere Verfahren zur Umwandlung von Biomasse in flüssige Kraftstoffe, aber das skalierbarste und vielseitigste in Bezug auf das Ausgangsmaterial ist die Vergasung von Biomasse, auch “Biomass-to-Liquid” genannt. Genauer gesagt, wird die Biomasse bei hohen Temperaturen in Synthesegas umgewandelt. Die für den Prozess erforderliche Wärmezufuhr wird in der Regel durch die Verbrennung eines Teils der Biomasse selbst erzeugt. Ausgangsstoffe können angebaute Pflanzen (d. h. Energiepflanzen wie Zuckerrohr oder Mais), Abfallbiomasse oder Algen sein. Biokraftstoffe sind die einzige Art von erneuerbaren synthetischen Kraftstoffen, die bereits in kleinen Mengen auf dem Markt erhältlich sind. Sie werden oft kritisiert, weil sie mit der Lebensmittelindustrie um Anbauflächen konkurrieren, Wasser verbrauchen und nur begrenzt skalierbar sind.

Bild: Biomass-to-Liquid erzeugt Biokraftstoffe (Quelle: Synhelion)
Power-to-Liquid erzeugt E-Kraftstoffe
E-Kraftstoffe werden aus erneuerbarer Elektrizität wie Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft hergestellt. Das Power-to-Liquid-Verfahren beruht auf einer Reihe von Energieumwandlungsschritten. Zunächst wird erneuerbarer Strom erzeugt, der dann einen Elektrolyseur antreibt, der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Anschließend wird der Wasserstoff mit Kohlendioxid gemischt und über die umgekehrte Wassergasverschiebung (RWGS) in Synthesegas umgewandelt – ein Prozess, der bei hohen Temperaturen abläuft und mit Strom betrieben wird. Es sind mehrere Projekte geplant, aber bis jetzt gibt es noch keine industrielle E-Fuel-Anlage, was auch bedeutet, dass E-Fuels noch nicht auf dem Markt erhältlich sind. E-Fuels können mit jeder Art von erneuerbarem Strom hergestellt werden, so dass sie theoretisch überall auf der Welt produziert werden könnten. Die Stromspeicherung für den Dauerbetrieb ist jedoch nach wie vor eine Herausforderung, die die Anwendung auf wenige Regionen mit einer außerordentlich günstigen und kontinuierlichen Versorgung mit erneuerbarem Strom beschränkt oder die Integration teurer Batterietechnologie erfordert.

Bild: Power-to-Liquid erzeugt E-Kraftstoffe (Quelle: Synhelion)
Sun-to-Liquid produziert solare Brennstoffe
Solarkraftstoffe werden aus Sonnenwärme hergestellt, die einen thermochemischen Reaktor antreibt. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als “Sun-to-Liquid”. In dem Reaktor werden Kohlendioxid und Wasser in Synthesegas umgewandelt. Genau wie E-Fuels sind Solarkraftstoffe noch nicht auf dem Markt erhältlich. Sonnige Regionen bieten ideale Bedingungen für die Herstellung von Solarkraftstoffen, insbesondere Wüsten und semiaride Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung. Die tagsüber erzeugte Sonnenwärme kann durch kostengünstige thermische Energiespeicher gespeichert werden und ermöglicht so die Produktion von Kraftstoffen rund um die Uhr. Die Speicherung macht solare Brennstoffanlagen autark und unabhängig von einem Netz, so dass sie schnell und in großem Umfang eingesetzt werden können.

Bild: Sun-to-Liquid produziert solare Brennstoffe (Quelle: Synhelion)
Wo können synthetische Kraftstoffe verwendet werden?
Synthetische Kraftstoffe sind mit der bestehenden globalen Kraftstoffinfrastruktur sehr gut kompatibel. Sie können in herkömmlichen Verbrennungsmotoren und Düsentriebwerken verwendet werden, was bedeutet, dass normale Autos, Flugzeuge und Schiffe mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können, ohne dass sie ausgetauscht oder umgerüstet werden müssen. Außerdem können sie die bestehende Kraftstoffinfrastruktur für Lagerung und Vertrieb nutzen.
Erneuerbare synthetische Kraftstoffe werden allgemein als Lösung für die Dekarbonisierung insbesondere derjenigen Verkehrsbereiche angesehen, die nicht elektrifiziert werden können. Der Fernverkehr benötigt Energieträger mit einer sehr hohen Energiedichte und wird daher weiterhin auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein. Für den Langstreckenflugverkehr sind Batterien zu schwer und zu sperrig. Daher setzt die Luftfahrtindustrie auf erneuerbare synthetische Kraftstoffe, die sie Sustainable Aviation Fuels (SAF) nennt, um in Zukunft Netto-Null zu erreichen.
Was sind die Vor- und Nachteile?
Die Studie „E-Fuels – The potential of electricity-based fuels for low emission transport in the EU“ analysiert den künftigen Energiebedarf des europäischen Verkehrsmarktes sowie den notwendigen Aufbau von Kapazitäten für erneuerbare Energiekapazitäten und die damit verbundenen Investitionen, die erforderlich sind, um eine 80-95%ige Reduzierung der Treibhausgase zu erreichen. Folgende Vor- und Nachteile konnten herausgearbeitet werden:
- E-Fuels haben eine hohe Energiedichte und können daher bequem über weite Strecken transportiert und über längere Zeiträume stationär gelagert werden, so dass sie auch saisonale Versorgungsschwankungen ausgleichen und so zur Stabilisierung der Energieversorgung beitragen.
- Die gesamte Benzin/Diesel/Kerosin/Gas-Infrastruktur (Pipelines, Tankstellen) kann weiter genutzt werden.
- E-Fuels können vom bestehenden Bestand an Personen- und Nutzfahrzeugen (Legacy) und von schwer elektrifizierbaren Verkehrsträgern (Aviation) genutzt werden.
- Die Gesamtenergieeffizienz der Stromnutzung in batterieelektrischen Fahrzeugen ist 4-6 mal, die von Wasserstoff in Brennstoffzellenfahrzeugen etwa 2 mal höher als bei E-Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren einschließlich Netzintegration.
Was wir jetzt tun müssen
Alle Verkehrsmittel sollten elektrifiziert oder teilweise elektrifiziert werden, wo immer dies ökologisch und technisch machbar ist. E-Kraftstoffe werden für Verkehrsanwendungen von entscheidender Bedeutung sein, für die derzeit noch keine elektrischen Antriebsstränge problemlos verfügbar sind. Deshalb müssen Politik und Industrie jetzt die Rahmenbedingungen schaffen, die E-Kraftstoffe wirtschaftlich attraktiv machen.
Die politischen Entscheidungsträger und die Industrie müssen eine strategische Agenda für Technologieforschung, Marktentwicklung und Regulierung von E-Kraftstoffen entwerfen. Eine sektorübergreifende Plattform für E-Kraftstoffe könnte diesen Prozess in naher Zukunft einleiten und koordinieren.
E-Kraftstoffe befinden sich derzeit in der Phase der Demonstration und der sehr frühen Marktdurchdringung. Ein geeigneter rechtlicher und wirtschaftlicher Rahmen ist unerlässlich, um mehr Investitionen in die Effizienz der Kraftstoffproduktion zu lenken und die Marktdurchdringung zu beschleunigen. Aus wirtschaftlicher Sicht könnte der Verkehrssektor die Schlüsselrolle spielen, da er nicht direkt mit dem Problem der Verlagerung von CO2-Emissionen konfrontiert ist und die Kunden eher zur ökologischen Nachhaltigkeit neigen.
Wir von magility werden weiterhin die Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen beobachten. Wir halten Sie hierzu gerne auf dem Laufenden.
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von Nada Welker | Dez. 1, 2021 | Marktentwicklung & Trends, Future Economy
Den Elektroautos gehört die Zukunft, und sie werden in einigen Jahren den Automarkt dominieren. Jedes Jahr erweitern die Autohersteller ihre Produktpalette und stellen damit die Weichen für neue Generationen von E-Autos. Heutzutage arbeitet jeder Fahrzeughersteller an E-Fahrzeugen, von etablierten Anbietern bis hin zu neuen Namen wie Byton, Lordstown und Rivian. Die großen Player setzen hierbei vor allem auf neu entwickelte Plattformen. Diese sollen zu deutlich mehr Variabilität, Leistung und Reichweite gegenüber bisherigen Generationen von E-Autos beitragen. Die neu entwickelten Elektroauto-Plattformen punkten aber vor allem durch ihre steigende Flexibilität und ihr Sparpotenzial, da sie als Basis für verschiedene Typen von E-Autos dienen können. Diese variable Basis wird – ähnlich wie beim 2016 erstmals vorgestellten Modularen Elektrobaukasten (MEB) des VW-Konzerns – sowohl für Fahrzeuge der eigenen Markenwelt, als auch für Fahrzeuge von Mitbewerbern verwendet werden können.
Weltweite Branchenführer
Während sich COVID-19 weltweit negativ auf die Märkte für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ausgewirkt hat, sind die Verkäufe von Elektrofahrzeugen (xEVs) stark gestiegen, insbesondere in Europa.
Laut dem E-Mobility Index 2021 von Roland Berger ist China aktuell Branchenführer im Bereich der Industrie und produziert die größte Anzahl von xEVs und Batteriezellen. Es wird erwartet, dass die Gesamtproduktion von BEVs (Elektroautos mit Batterie) und PHEVs (Plug-in Hybrid Fahrzeuge) im Zeitraum 2018 bis 2023 um 13 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Zeitraum 2017 bis 2022 steigen wird. Die kumulative inländische Produktionskapazität für Batteriezellen, die für den Zeitraum 2018 bis 23 berechnet wurde, wird voraussichtlich mehr als 70 Prozent der weltweit installierten Kapazität ausmachen:

China verstärkt seine Führungsrolle durch den Ausbau der lokalen Produktionskapazitäten weiter. Deutsche OEMs erzielen ebenfalls ein starkes Wachstum in der Fahrzeugproduktion, verfügen jedoch nur über geringe Produktionskapazitäten für Batteriezellen und liegen damit lediglich an dritter Stelle hinter den Vereinigten Staaten.
Europa verzeichnete im E-Mobility Index 2021 ein starkes Marktwachstum, angeführt von Deutschland und Italien. Beide Märkte erzielten ein Umsatzwachstum von über 200 Prozent. In Deutschland stieg der Absatz von xEVs von 112.000 auf mehr als 400.000 Fahrzeuge, womit Deutschland nun den zweitgrößten Markt für xEVs ausmacht. Bezüglich des BEV/PHEV- Marktanteils am Gesamtmarkt nimmt Deutschland nun sogar den ersten Platz ein.

Die Entwicklung neuer E-Fahrzeuge nimmt zu – und hilft dem Klima
Das Angebot an Fahrzeugen mit elektrifizierten Antrieben hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. In jedem Segment gibt es jetzt eine Auswahl an xEVs. Viele neue oder aktualisierte BEV- und PHEV-Modelle wurden 2020 auf den Markt gebracht. Darüber hinaus hatten die OEMs bereits im Jahr 2019 ihre xEV-Produktionskapazitäten in Vorbereitung auf die Einführung des WLTP-Verfahrens (Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure) – eines einheitlichen Standards für die Berechnung von Schadstoffwerten, CO2-Emissionen, Kraftstoffverbrauch und Reichweite – erhöht und taten dies auch während des Berichtszeitraums. Dies bedeutet, dass sie wahrscheinlich in der Lage sein werden, das Ziel von 95g CO2/km für die durchschnittlichen Flottenemissionen im Jahr 2021 zu erreichen:

Elektro-Basis von Renault und Nissan
Renault und Nissan haben vergangenes Jahr eine neue Elektro-Basis vorgestellt: die CMF-EV-Plattform. Diese soll nicht nur marken-, sondern auch herstellerübergreifend vom Allianzpartner Mitsubishi genutzt werden. Die CMF-EV-Plattform ist variabel genug, als Basis für Stadtfahrzeuge, Limousinen oder auch große SUV-Modelle, die weite Strecken ohne Ladestopp schaffen, zu dienen. Der Renault Mégane eVision soll an die Erfolge des Renaults Zoé anknüpfen. Mit einer Leistung von 160 kW/217 PS, einer Batteriekapazität von 60 kW, und der Schnellladefähigkeit garantiert das Fahrzeug hohe Reichweiten und ein vielseitiges Einsatzspektrum.
BMWs „Neue Klasse“ Plattformen
Inspiriert durch die erfolgreichen Modelle 1500 und 1800 der 60er-Jahre bringt BMWs neue Architektur „Neue Klasse“ ausschließlich Plattformen für E-Autos hervor. Der Start ist ab dem Jahr 2025 geplant, das erste Modell soll eine Limousine im Format des 3ers mit dem Titel NK1 werden. Die neue Architektur zeichnet sich durch eine neu definierte IT- und Softwareausstattung, eine neu entwickelte elektrische Antriebs- und Batteriegeneration sowie ein ganzes System von Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus aus. Sie soll ausschließlich für elektrische Antriebe optimiert sein.
General Motors: Neue E-Plattform namens „Ultium Drive“
Der elektrische Vielzweck-Unterbau „Ultium Drive“ von General Motors beinhaltet eine skateboardartige Grundstruktur mit einer Batterie aus Pouch Zellen, die flach und tief im Boden liegt, sowie Antriebsaggregaten an Vorder- und Hinterachse. Geplant sind außerdem 400- und 800-Volt-Architekturen. Es werden Antriebe, bestehend aus fünf Aggregate-Einheiten, zur Verfügung stehen, mit denen sich Front-, Heck- und Allradantriebe für Pkw und Nutzfahrzeuge in vielen Leistungsstufen darstellen lassen. Aufgrund der Vielseitigkeit der neuen Plattformen sind Skalierungseffekte erzielbar, die laut einer Prognose von GM die Kosten der Ultium-Akkus unter 100 Dollar pro Kilowattstunde sinken lassen.
Diejenigen, die hohe Leistung bevorzugen, werden mit der rund 1.000 PS starken Neuauflage des GMC Hummer EV gut bedient sein: Dieser ist stark genug, innerhalb von drei Sekunden aus dem Stand Tempo 100 zu erreichen und gleichzeitig 560 Kilometer Reichweite zu bieten. Dank der 800-Volt-Technik ist ein Nachladen von Strom für 160 Kilometer innerhalb zehn Minuten möglich.
Diese stärkste Version des Hummer ist bereits jetzt auf dem Markt verfügbar. Wer h noch etwas Geduld aufbringt, kann sich ab 2022 neben weiteren Modellen von GM auf Neuheiten der künftigen Elektro-Marke Cadillac freuen: Den SUV Lyriq sowie die Luxuslimousine Celestiq.
Bis 2025 will GM mehr als 30 elektrisch angetriebene Modelle auf den Markt bringen. Wir dürfen also gespannt sein.
Mercedes-Benz: Electric Versatility Plattform
Auch im Nutzfahrzeugbereich sind neue E-Plattformen geplant. Die Electric Versatility Platform unterscheidet sich deutlich vom bereits verfügbaren eSprinter-Modell: Statt auf Frontantrieb zu setzen, findet im ursprünglichen Motorenabteil der Großteil der Steuer- und Ladeelektronik in einem kompakten Paket Platz. Den Antrieb übernimmt stattdessen eine integrierte E-Achse mit zentraler Elektromaschine direkt im Achskörper.
Sie möchten mehr über Themen wie E-Mobility, Smart Grids oder das Internet of Things erfahren? Lernen Sie unseren Mitarbeiter Jürgen Schenk kennen – Er ist unser Top-Experte in den Bereichen Elektrofahrzeug- und Antriebsentwicklung, Bewertung und Auslegung komplexer Systeme.
Wir halten Sie hier auf magility über die Erscheinung neuer, spannender E-Plattformen auf dem Laufenden. Folgen Sie uns auf LinkedIn um keine News zu verpassen.
von Nada Welker | Nov. 3, 2021 | Marktentwicklung & Trends
E-Bikes, E-Scooter, E-Roller und Co. – Die Mikromobilität umfasst alle Verkehrsmittel, die Platz für maximal zwei Personen bieten und für kürzere Strecken geeignet sind. Genauer gesagt, handelt es sich hierbei in den meisten Fällen um elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Diese werden unter dem Begriff “Elektrokleinstfahrzeuge” zusammengefasst. Im Fokus der Mikromobilität steht die ressourcenschonende und flexible Fortbewegung sowie eine Entlastung für den Straßenverkehr. Diese Kleinstfahrzeuge bieten hauptsächlich in überfüllten Großstädten eine Lösung und gewinnen heutzutage immer mehr an Bedeutung. Die Mikromobilität revolutioniert unsere Art der Fortbewegung.
Was macht die Kleinstfahrzeuge so besonders?
Ein wichtiger Aspekt der Mikromobilität ist die Flexibilität bei der Fortbewegung. Dabei steht heutzutage vor allem die sogenannte “Shared Mobility” auch “Mobility as a Service (MaaS)” im Vordergrund. Das bedeutet, Mobilität dann gezielt online zu buchen, wenn man sie braucht. Über eine zentrale Plattform werden verschiedene Fahrzeuge und zudem unterschiedliche Arten der Fahrzeugnutzung angeboten. Interessenten können also passend für den jeweiligen Anwendungsfall das geeignete Fahrzeug für die anstehende Strecke wählen. In den meisten Fällen gilt das Prinzip des “free-floating”. Dies ermöglicht dem Fahrer das Abstellen des Mikromobils an einem beliebigen Ort, es gibt also keinen festgelegten Rückgabeort. Außerdem ist der Anbieter für das Laden und Instandhalten des Fahrzeugs zuständig. Weitere Vorteile sind, dass der Nutzer den Stau innerhalb der Stadt umgehen kann und das Problem der lästigen Parkplatzsuche entfällt.
Große Potenziale werden vor allem in der sogenannten ersten und letzten Meile gesehen. Hier wird die Mikromobilität mit dem öffentlichen Verkehr verknüpft: So kann beispielsweise für den Weg zur S-Bahn oder den Weg von der S-Bahn zur Arbeitsstelle der E-Scooter anstelle des Autos eingesetzt werden. Demzufolge werden Ressourcen geschont und Emissionen eingespart. Die Mikromobilität kommt der Umwelt und der Allgemeinheit zugute: Sie sorgt für eine Verbesserung der Luft in den Städten und ermöglicht gleichzeitig eine flexible Fortbewegung für die urbane Gesellschaft.
Regelungen und Einschränkungen innerhalb der Mikromobilität
Aufgrund der immer größer werdenden Bedeutung der Elektrokleinstfahrzeuge in den letzten Jahren wurde im Juni 2019 eine Verordnung mit aktuellen Regelungen in Kraft gesetzt. Grundsätzlich dürfen Personen ab 14 Jahren Elektrofahrzeuge nutzen. Der Besitz eines Führerscheins ist hierfür nicht notwendig. Der Einsatz von E-Fahrzeugen ist im öffentlichen Raum zugelassen, sofern diese auf die Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h beschränkt sind und eine Lenk- oder Haltestange besitzen. Der Betrieb ist nur auf innerörtlichen Straßen und Radwegen erlaubt und somit nicht auf Gehwegen oder Kraftfahrstraßen. Außerdem müssen verkehrssicherheitsrechtliche Anforderungen, beispielsweise im Bereich der Brems- und Lichtsysteme und der elektrischen Sicherheit, gewährleistet werden.
Bislang bleiben noch einige Fragen unbeantwortet
Trotz einiger Vorteile und Chancen im Bereich der Mikromobilität harren auch heute noch einige gravierende Probleme der Lösung . Zum einen stellt sich die Frage, wie umweltfreundlich die Elektrofahrzeuge wirklich sind, wenn man die Faktoren Produktion, Akku und Aufwand der Instandhaltung miteinbezieht. Ein Großteil der E-Scooter werden in China produziert, größtenteils mit Energie aus Kohlekraftwerken. Darüber hinaus kommt es bei der Herstellung der Akkus aufgrund der Verwendung seltener Rohstoffe zu einer hohen Umweltbelastung.

In der abgebildeten Statistik werden erste Untersuchungen zur Umweltbilanz von E-Scootern im Jahr 2019 dargestellt. Dabei wird deutlich, dass die Elektroroller mit ca. 130 Gramm CO2 pro Kilometer deutlich besser abschnitten als ein Mittelklasse-Pkw. Im Vergleich zu einem dieselbetriebenen Fahrzeug stehen die Kleinstfahrzeuge allerdings in keinem guten Licht da: Sie stoßen doppelt so viel CO2 aus wie ein dieselbetriebener Bus.
Grundsätzlich gilt, dass die E-Fahrzeuge nur dann ökologisch sinnvoll sind, wenn sie Auto- oder Motorradfahrten ersetzen. Je mehr Menschen die Mikromobilität als neues Fortbewegungsmittel nutzen, desto weniger wird dann potenziell im Innenstadtbereich auf das Auto zurückgegriffen. Des Weiteren führen wild geparkte E-Scooter und Roller zu einem gesellschaftlichen Ärgernis. Obwohl in den Apps der Anbieter die Bereiche markiert sind, in denen die Roller abgestellt werden dürfen, ist es keine Seltenheit, dass die E-Scooter in Flüssen, mitten auf dem Gehweg oder sogar auf Bäumen anzutreffen sind . Den Übeltäter ausfindig zu machen, ist in den meisten Fällen kaum möglich, weshalb die Anbieter die Kosten für die Entsorgung übernehmen müssen. Bislang ist noch fraglich, welche weiteren Maßnahmen hier in Betracht gezogen werden. Außerdem ist der Aspekt der Verkehrssicherheit noch nicht ausreichend überprüft worden: Aktuell besteht keine Helmpflicht.

Die abgebildete Statistik zeigt, dass in den Monaten von Januar bis März 2021 insgesamt 356 Unfälle mit Personenschaden bei der Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen verzeichnet wurden, in 49 Fällen gab es Schwerverletzte. Als Grund für die hohe Anzahl an Unfällen wird unter anderem genannt, dass nicht genau zu erkennen ist, wann der Fahrer des E-Scooters beschleunigt oder bremst.
Mikromobilität meets IAA
Unter dem Motto “Wie wollen wir uns in der Stadt der Zukunft bewegen” wurde die Mobilität auf der IAA 2021 in München erstmals von anderen Seiten beleuchtet. Darunter die nachhaltige und urbane Mobilität, innovative öffentliche Verkehrsmittel und die intelligente Infrastruktur. Insgesamt 109 Aussteller präsentierten in diesen Themengebieten ihre Visionen von einer nachhaltigen Mobilität. Klassische Autohersteller wie Porsche, VW oder BMW folgten dem neusten Trend des Fahrrads und stellten ihre Innovationen vor. Auch junge Unternehmen und Start-ups mischten im Mikromobilitätsbereich auf der IAA Mobility dieses Jahr kräftig mit. Besucher konnten die innerstädtische Fortbewegung beispielsweise von BMW X2City und anderen Fahrzeugen auf einem Parcour oder bei geführten Touren hautnah zu erleben.
Obwohl die Meinungen in Bezug auf die Präsentation der Mikromobilität auf einer bisher reinen Automesse auseinander gehen, scheint die neue Mobilität ein voller Erfolg zu sein: Die Transformation der Mobilität geht in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit – und dies wurde durch das neue Konzept der IAA Mobility umgesetzt. Deutlich wird auch, dass es schon lange nicht mehr nur das Auto oder das E-Bike gibt, sondern dass die Mobilitätsvarianten kombiniert werden, um Lösungen sowohl für die ländliche als auch für die Metropolregionen zu schaffen.
Mittlerweile gilt die IAA als die größte Mobilitätsveranstaltung der Welt.
Wohin führt die Reise der Mikromobilität?
Die weltweite Prognose für die Elektrokleinstfahrzeuge für die nächsten Jahre ist laut der unten aufgeführten Statistik vielversprechend. Demnach steigt die Nachfrage nach innerstädtischer Mobilität immer weiter an. Während im Jahr 2010 die weltweite Nachfrage der Mikromobilität noch bei 25,8 Billionen Personenkilometer lag, soll sie bis 2050 auf 48,4 Billionen Personenkilometer ansteigen.

Laut einer Studie der weltweit führenden Unternehmensberatung McKinsey & Company bringt die Mikromobilität bis 2030 in Europa bis zu 150 Milliarden Dollar ein, weltweit gesehen sogar bis zu 500 Milliarden Dollar. Dabei wächst der Markt der Elektrokleinstfahrzeuge zwei- bis dreimal so schnell wie Carsharing oder sogenannte E-Hailing-Dienste. Darunter fallen Apps für die Mobilität.
Es bleibt also spannend, inwiefern sich die Elektromobilität noch weiter entwickeln wird und ob schon bald die Mehrheit zum E-Scooter statt zum eigenen Auto greift. Wir von magility werden die weiteren Entwicklungen für Sie im Auge behalten.
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von Nada Welker | Juli 15, 2021 | Bauindustrie, Smart Cities, Strategie im Wandel
Baustoffe werden knapper. Das liegt zum einen an einem weltweiten Bauboom: Mit der permanent steigenden Nachfrage hält das Angebot an Baustoffen derzeit nicht Schritt. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage verteuern sich die Baustoffe demnach massiv. Darüber hinaus aber hat die Baustoff-Knappheit noch einen anderen, weitaus bedenklicheren Grund: Die Ressourcen gehen zur Neige. Die Weltwirtschaft muss hier also radikal umdenken – und auf Nachhaltigkeit setzen. Nur durch Nachhaltigkeit lässt sich sicherstellen, dass auch in Zukunft Rohstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und somit den Baustoff 4.0 zu etablieren.
Den Baustoff Sand gibt es nicht „wie Sand am Meer“
Zum Beispiel Sand: Als Zuschlagstoff für Beton ist Sand so gefragt, dass die Redewendung „wie Sand am Meer“ als Synonym für Überfluss längst ausgedient hat. Jedes Jahr werden 40 bis 50 Milliarden Tonnen Sand verbraucht. Der Sandabbau hat massive Folgen für die Umwelt an Flüssen und Küsten. In den großen Sandwüsten, wo nach herkömmlicher Meinung genügend Sand vorhanden sein müsste, lässt sich diese Baustoff-Ressource nicht gewinnen: Der Wüstensand hat keine Kanten, weil der Wind die Sandkörner rundschleift. Dadurch fehlt dem einzelnen Wüstensandkorn die Fähigkeit, sich mit anderen Körnern zu verbinden. Das wiederum ist die wesentliche Eigenschaft, die Sand für die Betonherstellung so wertvoll macht – und so unverzichtbar.
Bauschutt lässt sich in Einzelteile zerlegen
Ist der Sand einmal „in Beton“ gegossen, wäre er somit endgültig „verbraucht“: Auch das ist eine landläufige Meinung. Doch weit gefehlt: Baustoffrecycling ist hier das entscheidende Stichwort für die Nachhaltigkeit. Bauschutt ist längst kein Fall mehr für die Deponie. Er lässt sich zerkleinern und in viele einzelne Bestandteile zerlegen. Aus altem Beton können Abbruchunternehmen wieder neuen Sand gewinnen. Das Unternehmen Heinrich Feeß aus Kirchheim/Teck – schon 2016 mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet – ist einer der Vorreiter, wenn es darum geht, aus Abbruchmaterial neue, hochwertige Baustoffe herzustellen: durch Sieben, Sortieren und Waschen.
Beton möglichst ortsnah recyceln und wiederverwenden
Zwar können Recyclingmaterialen – die durch nachhaltige Kreislaufwirtschaft dazu beitragen, den Verbrauch von Primärrohstoffen zu senken – nicht verhindern, dass weiterhin weltweit Ressourcen, wie beispielsweise Sand, ausbeuterisch abgebaut werden. Aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch bei Baustoffen zunehmend auf Recycling zu setzen. Das verhindert – Tonne für Tonne – negative Umweltfolgen an den Abbauorten weltweit. Es erspart aber auch den Ausstoß von C02, der durch die langen Transportwege anfällt. Der Idealfall der Nachhaltigkeit zu Ende gedacht, wäre in diesem Fall: Beton abzubrechen und möglichst ortsnah zu recyceln – um die Recyclingmaterialien gleichfalls wieder möglichst ortsnah für Neubauten zu verwenden. Das wäre ein wichtiger „Baustein“, um Klimaziele erreichen zu können und um die Erde auch für künftige Generationen zu erhalten.
Sekundärrohstoffe von hoher Qualität
Gefragt sind dabei nicht nur findige Unternehmer oder auch die Wissenschaft, um das Bauschuttrecycling immer weiter auszubauen. Gefragt ist auch die Politik, die die Weichen stellen müsste, um in der Gesetzgebung diese Art der Nachhaltigkeit vorzuschreiben. Es geht außerdem darum, die Qualität des Recyclingbetons neu zu bewerten. Bislang gilt Recyclingbeton bei vielen Architekten und Bauherren immer noch als minderwertig. Dieser ablehnenden Haltung lässt sich aber durch Vorschriften für die Qualitätssicherung entgegenwirken: Wenn Abbruch- und Recyclingunternehmen durch entsprechende gesetzliche Vorgaben dahingehend gelenkt werden, dass sie nachweislich nur hochwertige Recyclingprodukte herstellen und vertreiben können, werden sich die Sekundärrohstoffe am Markt gleichwertig zu den Primärrohstoffen behaupten können.
Eine Lobby gegen die Wiederverwertung von Baustoffen
Schwierigkeiten scheinen indessen immer noch die Hersteller der Primärrohstoffe zu bereiten: Sie fürchten die zunehmende Konkurrenz des Recyclings. Somit versuchen sie, auf Kosten einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die schonend mit den endlichen Ressourcen dieser Welt umgeht, ihren eigenen Profit zu steigern oder wenigstens zu erhalten. Sie nehmen mit ihrer Haltung auch Einfluss auf die Politik, um Gesetze zu verhindern, die die Nachhaltigkeit stärken würden.
[infobox headline=“Das Wichtigste in Kürze“]
- Die weltweite Verknappung von Ressourcen ist ein großes Problem. Auf Dauer hilft dagegen nur nachhaltiges Denken. Bauschutt etwa lässt sich trennen und recyceln.
- Recycelbare Baustoffe rücken in den Fokus: Wer Abbruchmaterialien wiederverwendet, bremst den Anstieg beim Abbau neuer Rohstoffe. Die Politik muss deshalb Qualitätsansprüche für Recyclingbeton definieren. Außerdem lassen sich durch die ortsnahe Wiederverwendung von Recyclingmaterial große Mengen CO2 einsparen, weil lange Transportwege entfallen.
- Der CO2-Ausstoß ist auch bei der Herstellung von Zement ein großes Problem. Hier muss die Industrie ihre Prozesse optimieren, um bei gleicher Menge Zement künftig weniger CO2 freizusetzen.
- Ökologische Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen dienen dem Megatrend Nachhaltigkeit.
- Nachhaltigkeit ist auch eine Aufgabe der Architekten, beim Planen eines Gebäudes auch schon an dessen späteren Abbruch zu denken – um aus dem künftigen Schutt wieder möglichst wertvolle Sekundärrohstoffe gewinnen zu können.
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Die Zementindustrie produziert viel CO2
Der CO2-Ausstoß ist nicht nur ein Nachteil beim Transport von Sand über weite Entfernungen – oftmals um die halbe Erde – hinweg, sondern auch bei der Herstellung von Zement, einem weiteren wichtigen Bestandteil von Beton. Obwohl in den Zementwerken in den vergangenen Jahren schon sehr viel umweltschonender gearbeitet wird, liegt die Zementindustrie weltweit beim CO2-Ausstoß immer noch viermal so hoch wie der Flugverkehr – ebenfalls weltweit. Das heißt nicht, dass der „ökologische Fußabdruck“ des einzelnen „Vielfliegers“ angesichts dieser Dimensionen keine große Rolle spielt. Es geht vielmehr darum, dass auch die Zementhersteller weltweit daran arbeiten müssen, ihre Prozesse zu optimieren, um ihren CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren. Dieser Ausstoß wird weiterhin hoch bleiben, weil bei der Herstellung von Zement grundsätzlich Kohlendioxid freigesetzt wird, das sonst in Kalk gebunden bliebe.
Mehr ökologische Baustoffe
Dem zementhaltigen Beton sind demnach ökologische Baustoffe wie Holz, Kork, Lehm, Ziegel oder auch Dämmstoffe wie Hanf, Jute, Holzwolle, Holz- und Kokosfaser vorzuziehen. Gerade Holz und Kork haben den Vorteil, dass sie nachwachsen, also in jeder Hinsicht nachhaltig sind. Allerdings ist darauf zu achten, dass das Holz, wie schon am Beispiel des recycelten Bauschutts aufgezeigt, auch möglichst nahe der Gegend wächst, in der es verbraucht wird. Der Nachteil langer Transportwege bleibt – im Hinblick auf den CO2-Ausstoß – derselbe, ob nun Sand oder Holz transportiert wird. Entscheidend für nachhaltige Baustoffe ist aber immer auch die Frage, ob sie wiederverwendbar sind.
Beim Bauen ist der spätere Abbruch schon sorgfältig zu planen
Das Wiederverwenden muss möglichst schon beim Bauen mitgedacht werden: Von den Pyramiden in Ägypten oder von mittelalterlichen Kathedralen in Europa abgesehen, wird selten etwas „für die Ewigkeit“ gebaut. Bei vielen Bauprojekten gehen Bauherren und Architekten heute von einer „Lebenserwartung“ ihrer Gebäude zwischen 50 und 100 Jahren aus. Viele Häuser fallen auch schon nach 20 bis 30 Jahren der Abrissbirne zum Opfer. Wer also bei den Materialien und bei deren Verbindung von vornherein darauf achtet, dass diese sich bei einem späteren Abbruch leicht auseinandernehmen, trennen und recyceln lassen, handelt ähnlich nachhaltig wie derjenige, der Betonwände durch Holzwände ersetzt. Auch das wird zum Bestandteil der „Smart City“.
Klimaziele, CO2 und die Bauindustrie
Um die Klimaziele zu erreichen, muss die CO2 Reduktion industrieübergreifend in den Fokus rücken. Da die Bauindustrie im Vergleich zu anderen Industrien einen beträchtlichen Teil des CO2 Ausstoßes verursacht – der Sektor macht laut dem 2020 GLOBAL STATUS REPORT FOR BUILDINGS AND CONSTRUCTION mittlerweile 38 Prozent (9,95 Gt CO2) der globalen CO2-Emissionen aus – betrachten wir von magility die Entwicklungen in diesem Sektor mit Argusaugen. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zu den neuesten Entwicklungen und Trends aus diesem Bereich haben. Wir helfen Firmen aus der Bauindustrie, ihre Geschäftsmodelle so anzupassen, dass sie sowohl wirtschaftlich als auch klimafreundlich agieren können.