Das Notrufsystem eCall ist seit März 2018 Pflicht in allen Neuwagen in Europa. eCall ist ein fahrzeuginterner Assistent, der Unfälle mit Standortangabe schnellstmöglich an lokale Rettungskräfte weiterleiten soll. Ziel ist, die Sicherheit im Straßenverkehr deutlich zu erhöhen und die Zeit bis zum Eintreffen von Rettungskräften am Unfallort zu verkürzen. Durch eine automatische Auslösung des Notrufs können bei schweren Unfällen hoffentlich mehr Menschenleben gerettet werden. Das klingt zunächst höchst attraktiv.
Das eCall System ist datenschutzrechtlich geprüft und soweit – theoretisch – in Ordnung. Allerdings machen Automobilhersteller bis dato das Ausmaß an Datensammlung über die eCall Funktion nicht publik. Es ist daher fraglich was genau mit den generierten Daten geschieht, sofern sie erst einmal erfasst sind.
Schnittstelle zum Internet problematisch
Für die Datenerfassung zur Ermöglichung eines eCalls ist es bereits heute in allen in Europa zugelassenen Neufahrzeugen Pflicht, ein zusätzliches Steuergerät, eine Antenne, ein GPS Empfänger sowie ein GSM-Modul ab Werk zu verbauen. Diese Grundausstattung rüstet ein Fahrzeug nicht nur für die Ermöglichung des eCalls aus, vielmehr bietet sie die Grundlage für Zusatzdienstleistungen im Fahrzeug. Und genau diese Zusatzdienste geben Grund zur Sorge um die eigenen Daten.
Zusatzleistungen bergen Risiko des Datenmissbrauchs
Für die Übermittlung der Daten an den Notfalleinsatz ist eine Schnittstelle zum Internet nötig. Über diese Schnittstelle können auch andere Daten über Fahrzeug, Fahrverhalten und weitere signifikante Daten wie Fahrstrecke, bevorzugte Standorte oder etwa ob Sicherheitsgurte angelegt sind an Fahrzeughersteller übermittelt werden. Die Daten des einzelnen Fahrers können dadurch hoch kommerzialisiert werden, was datenschutzrechtlich durchaus kritisch zu betrachten ist. Insbesondere Versicherungsunternehmen oder Vertragswerkstätten können von den Daten profitieren, die auf Basis der gesammelten Daten Verträge deutlich individualisierter anbieten können (beispielsweise “Pay-as-you-drive”-Verträge).
Offene Schnittstelle als Stellhebel für Selbstbestimmung?
Allerdings hat der Fahrer des Autos dabei keinerlei Kontrolle mehr, was genau mit seinen persönlichen Daten passiert und wer davon profitiert. Aktuell ist noch unklar ob eine manuelle Deaktivierung der Datenaufzeichnung in absehbarer Zeit umsetzbar sein wird. Die Funktionalitäten sind tief im Bordsystem verbaut und können, zumindest derzeit, nicht einfach ausgeschaltet werden. Daher wird an unterschiedlichen Stellen diskutiert, eine offene Schnittstelle ins Fahrzeug einzubauen, damit die Endnutzer selbst bestimmen können, mit wem und vor allem wann sie ihre Daten teilen. Dies wäre ein wichtiger Schritt weg vom gläsernen Autofahrer hin zu persönlicher Selbstbestimmung. Andernfalls sind Endnutzer an die Angebote des Automobilherstellers gebunden, die dieser mit im System verbaut hat. So wäre beispielsweise denkbar, dass nach einem Unfall nur Abschlepper vom Hersteller zur Verfügung ständen oder Fahrer gezielt für Reparaturen in Vertragswerkstätten gelotst werden. Eine derartiges Daten Monopol würde sog. Drittanbieter deutlich benachteiligen oder sogar ausschließen und Automobilherstellern eine Übermacht an Verkaufsrecht geben.
Sicheres Fahren messbar machen
Der magility Partner DEKRA arbeitet aktuell an einem Safety-Index. Auf Basis von generierten Daten aus Fahrzeugen, welche Telematik unterstützte Technik verbaut haben, soll gemeinsam mit dem Startup Pace Telematics ein Standard entwickelt werden, der sicheres Autofahren messbar machen soll. Wer sich bereit erklärt seine Daten zur Verfügung zu stellen kann mit einem Vorteil rechnen. Dorthin sollte der aktuelle Trend bei der Datensammlung und -verwertung gehen.