Die fortschreitende Digitalisierung verschiedener Lebensbereiche macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht halt. Unter den Begriffen Digital Health und E-Health werden aktuell hochinteressante Entwicklungen und Veränderungen diskutiert. Die digitale Revolution in der Medizin ist für den Endkunden, also den Patienten, noch nicht so deutlich wahrzunehmen wie in anderen Bereichen, etwa der Kommunikation. Dennoch verändern Innovationen aus unterschiedlichen Bereichen die Gesundheitslandschaft stetig.

Ein riesiger Markt wächst weiter

Das Gesundheitswesen ist in industrialisierten Gesellschaften einer der größten Wirtschaftszweige überhaupt. Alleine in Deutschland arbeiten laut dem Bundesministerium für Gesundheit über fünf Millionen Menschen in dieser Branche. Der Umsatz im Gesundheitswesen ist in Deutschland zwischen 2009 und 2019 von 50 Milliarden Euro auf rund 80 Milliarden Euro gestiegen. Unternehmen aus den Bereichen der Pharmaindustrie, der Medizintechnik und der Biotechnologie sind Treiber des technologischen Fortschritts und investieren massiv in Forschung und Entwicklung. 2018 exportierte die deutsche Gesundheitsbranche, zusätzlich zum Binnenumsatz, Waren und Dienstleistungen in Höhe von 131 Milliarden Euro. Durch die zunehmende Popularität eines gesunden Lebensstils und den demografischen Wandel sowie durch zahlreiche technische Innovationen der beteiligten Unternehmen, wird weiterhin ein stetiges Wachstum der Branche erwartet.

Digital Health durch Künstliche Intelligenz

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens steht unter dem Einfluss verschiedenster Faktoren. Zum einen gibt es mittlerweile von Künstlicher Intelligenz (KI) durchgeführte Diagnoseverfahren, die teilweise bereits den menschlich-ärztlichen Sachverstand übertreffen. KI wird im Gesundheitswesen aktuell überwiegend in der Bilderkennung und in der Radiologie angewandt. KI-Software könnte zukünftig repetitive Standardverfahren, wie das Auslesen von Aufnahmen eines Computertomographen, übernehmen und so die Ärzte entlasten. Diagnostische Fehler könnten durch den Einsatz von KI minimiert, der gesamte Diagnoseprozess deutlich beschleunigt und so der Patient noch mehr in den Mittelpunkt gestellt werden. Einige solcher, auf KI-Software basierende Systeme, z.B die des zum Siemens Konzern gehörenden Unternehmens Healthineers, werden bereits im Krankenhausalltag getestet.

Bessere Datenlage durch Wearables und Datenverknüpfung

Auch der Patient selbst kann, z.B. durch die Nutzung eines aktuellen Smartphones, das in der Lage ist, verschiedene Parameter über Verhalten und Körperfunktionen des Nutzers zu erheben, zur Digitalisierung des Gesundheitswesens beitragen. Zu den erhobenen Parametern gehören Bewegung, Schlafqualität, Ernährung, Wetter und vieles mehr, je nachdem, welche Gesundheits-App auf dem Smartphone installiert ist. Nutzer von Wearables wie Smartwatches können auch ihren Blutdruck und ihre Herzfrequenz aufzeichnen. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten der Krankheitsprävention, etwa bei Migräne. Durch die über das Wearable erhobenen Daten können Umwelteinflüsse sowie verschiedenste Auswirkungen des Lebenswandels analysiert und ausgewertet werden. So wird es möglich, detaillierte Rückschlüsse auf die Ursache eines Migräneanfalls zu ziehen. Des Weiteren werden zum Beispiel Risikopatienten mit Herzproblemen durch das EKG ihrer Smartwatch rechtzeitig vor einer Herzattacke gewarnt. In der Zukunft wäre das Szenario denkbar, dass die vom Patienten durch Wearables oder Handy-Apps selbst erhobenen Daten mit den vom Arzt erhobenen Daten zusammengeführt werden. Der Arzt hätte folglich eine viel aussagekräftigere Aufzeichnung von Körperfunktionen seines Patienten, auf die er während des kurzen Arztbesuches zurückgreifen und auf dessen Grundlage er genauere Diagnosen stellen könnte. Datenschutzgründe verhindern bisher ein solches Vorgehen. Außerdem fehlen aktuell auch noch die notwendigen technischen Schnittstellen und Datenbanken für einen solch vorstellbaren Datentransfer.

Die Digitale Patientenakte – Datenschutz oder Digitalisierung?

In Deutschland gibt es schon seit vielen Jahren Pläne, alle medizinischen Daten der Krankenversicherten digital an einer Stelle zusammenzuführen. Unter dem Begriff Digitale Patientenakte (dPA) soll 2021 in Deutschland genau dies umgesetzt werden. In diese dPA sollen alle Leistungserbringer des Gesundheitswesens, also etwa Ärzte oder Apotheker, ihre Diagnosen, Laborergebnisse und Behandlungen eintragen. Ziel ist dabei die Vereinfachung bürokratischer Vorgänge und die effizientere Gestaltung von Prozessen in der medizinischen Behandlung. Datenschutzrechtlich bleiben allerdings noch viele Fragen offen. Darf die Akte auch über Smartphones eingesehen werden? Darf ein Patient über die Einträge selbst bestimmen und diese eventuell sogar Ärzten vorenthalten? Wie sind die Daten verschlüsselt? Wie kann ein Patient die Daten für seine eigene Vorsorge nutzen? Es gibt in den kommenden zwei Jahren noch viel zu entscheiden und einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten. Was für die Einen notwendig erscheint und eine logische Folge der Digitalisierung des Gesundheitswesens bedeutet, wirft bei den Anderen große datenschutzrechtliche Bedenken auf. Denn gerade bei der deutschen Digitalen Patientenakte ist bisher noch nicht geklärt, ob Patienten genau bestimmen dürfen, wer die darin gespeicherten Informationen eigentlich abrufen darf. Ein Zahnarzt bekäme eventuell auch Kenntnis über einen Schwangerschaftsabbruch oder eine Psychotherapie. Weiter ist noch nicht definiert, wie mit Gefahren wie der Datenkriminalität umgegangen wird. Digitale Patientenakten aus den USA wurden bereits im Darknet angeboten und in Singapur wurden die Daten von 14.000 HIV infizierten gestohlen.

Tech-Giganten entdecken ebenfalls Digital Health

Die großen US-Tech-Konzerne entdecken das Thema Digital Health ebenfalls für sich. Neben Microsoft mit seinem Engagement in der Medizintechnik, erweitert Apple mit jeder neuen Modellgeneration seiner iPhones und iWatches den medizinisch relevanten Funktionsumfang seiner Geräte. Seit dem neuesten Update des hauseigenen mobilen Betriebssystems iOS, ist die Funktion Health Records enthalten. Mit dieser Funktion kann ein Nutzer alle eigenen medizinischen Parameter abspeichern, geschützt durch das als sicher geltende Verschlüsselungssystem seiner iOS-Geräte. Die Software selbst basiert auf der FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources) -Technologie, einem Branchenstandard zur Übermittlung von medizinischen Daten. Vielleicht tragen wir die nächste Entwicklungsstufe der medizinischen Datenübertragung damit also bereits wortwörtlich “in der Tasche”.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Gesundheitswesen ist in industrialisierten Gesellschaften einer der größten Wirtschaftszweige überhaupt.
  • Mithilfe der Künstlichen Intelligenz (KI) werden Diagnoseverfahren durchgeführt, die teilweise bereits den menschlich-ärztlichen Sachverstand übertreffen.
    • Durch den Einsatz der KI können diagnostische Fehler minimiert und Diagnoseprozesse deutlich beschleunigt werden.
  • Durch Wearables können Blutdruck und Herzfrequenz des Nutzers aufgezeichnet werden – Es ergeben sich neue Möglichkeiten der Krankheitsprävention.
  • Die Digitale Patientenakte (dPA) soll 2021 in Deutschland alle medizinischen Daten der Krankenversicherten digital an einer Stelle zusammenzuführen.
    • Allerdings gibt es bislang noch datenschutzrechtliche Bedenken.
  • Tech-Giganten, wie Apple nutzen die Digital Health bereits und geben dem Nutzer die Möglichkeit seine medizinischen Parameter sicher abzuspeichern.

Wichtige Entwicklungen nicht verpassen

Auch das Bundesministerium für Gesundheit hat die Relevanz von Digital Health erkannt und das Health Innovation Hub (hih) in Berlin gegründet. Dort werden digitale Innovationen für den medizinischen Bereich identifiziert und gefördert. Die Schwerpunkte liegen auf KI, der digitalen Patientenakte, der Verbreitung von Branchenstandards zum Datenaustausch und dem Werben für eine medizinische Datenspende. Bei der Datenspende geht es um die wissenschaftliche Nutzung von anonymisierten Patientendaten zum Zwecke der medizinischen Forschung. Viele Wissenschaftler und Politiker sehen darin ein wichtiges Instrument zur weiteren Erforschung von Krankheiten, einen Datenschatz, den es zu heben gilt. Es existieren also viele neue Ansätze, welche unter dem Label Digital Health zusammengefasst werden. Viele davon müssen sich an unseren zu Recht strengen Datenschutzauflagen messen lassen. Hierbei jeweils beiden Belangen gerecht zu werden, der Innovationsförderung einerseits und dem Datenschutz andererseits, bleibt eine anspruchsvolle Herausforderung.

Wir von magility freuen uns über Ihren Kontakt und einen fachlichen Austausch oder auch Erfahrungsberichte aus dem Bereich Digital Health und E-Health! Unsere Experten stehen gerne für ein Gespräch zur Verfügung!