Balancing und Energiemanagement
Energiemanagement ist die Kombination aller Maßnahmen, die bei einer geforderten Leistung einen minimalen Energieeinsatz sicherstellen. Es bezieht sich auf Strukturen, Prozesse und Systeme sowie auf menschliche Verhaltensweisen und -änderungen. Um den Begriff anschließend zu ergänzen, gehen wir im nächsten Kapitel ebenfalls auf das Thema Balancing ein.
Energiemanagement wird beispielsweise als Mittel zur Kontrolle und Senkung des Energieverbrauchs eines Gebäudes eingesetzt, was Eigentümern und Betreibern Folgendes ermöglicht:
- Kosten zu senken – Energie macht 25% aller Betriebskosten in einem Bürogebäude aus.
- Verringerung der Kohlenstoffemissionen, um interne Nachhaltigkeitsziele und gesetzliche Anforderungen zu erfüllen.
- Risiken reduzieren – je mehr Energie Sie verbrauchen, desto größer ist das Risiko, dass Energiepreiserhöhungen oder Versorgungsengpässe Ihre Rentabilität ernsthaft beeinträchtigen könnten. Mit Energiemanagementlösungen können Sie dieses Risiko verringern, indem Sie Ihren Energiebedarf senken und ihn so steuern, dass er besser vorhersehbar ist.
Die Bundesnetzagentur hat Regeln verabschiedet, die es Erzeugern von erneuerbaren Energien erleichtern, Ausgleichsenergie bereitzustellen. Doch was genau ist Ausgleichsenergie und was bedeuten die Regeln?
Balancing mit Ausgleichsenergie: Auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz
Um eine Waage im Gleichgewicht zu halten, müssen die linke und die rechte Waagschale genau die gleiche Masse enthalten. Wenn man einer Schale Gewicht hinzufügt oder von ihr Gewicht wegnimmt, muss man das Gleiche mit der anderen Schale tun, sonst ist die Waage nicht im Gleichgewicht.
Das gleiche Prinzip gilt für die Funktionsweise unseres Stromnetzes: Stromerzeugung und -verbrauch müssen jederzeit im Gleichgewicht sein. Um unser Netz stabil zu halten, muss die Stromerzeugung zunehmen, wenn der Stromverbrauch steigt. Und wenn der Verbrauch sinkt, muss die Stromerzeugung reduziert werden.
Wenn es darum geht, die Stabilität des Netzes zu gewährleisten, spielen Erzeugungsanlagen wie Windkraftanlagen und Verbraucher wie große Industrieunternehmen eine wichtige Rolle. In Deutschland sind die Stromerzeugungsanlagen und -verbraucher in Bilanzkreisen organisiert. Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles Energiekonto, das von einem „Buchhalter“ – dem Bilanzkreisverantwortlichen – geführt wird. Dieser sagt voraus, wie viel Strom in seinem Bilanzkreis erzeugt und verbraucht wird. Aber es gibt Zeiten, in denen die Vorhersagen nicht eintreffen. Zum Beispiel, wenn ein Kraftwerk plötzlich vom Netz geht, wenn es keinen Wind für die Turbinen gibt oder wenn es einen unerwarteten Anstieg des Stromverbrauchs gibt. In diesen Fällen ist entweder zu viel oder zu wenig Strom im Netz und die Bilanzgruppe muss das Gleichgewicht wiederherstellen. Hier kommt die Regelenergie ins Spiel.
Drei Arten von Ausgleichsenergie
Um die Strommenge im Netz zu erhöhen oder zu verringern, kaufen die Übertragungsnetzbetreiber Regelenergie von Erzeugungsanlagen, die kurzfristig Strom liefern können. Damit dies gut funktioniert, veranstalten die Übertragungsnetzbetreiber Auktionen, bei denen die Anlagenbetreiber aufgefordert werden, ein Gebot für die Strommenge abzugeben, die sie im Notfall kurzfristig aus dem Netz liefern oder aufnehmen können. Kraftwerksbetreiber können beispielsweise ihre Einspeisung in das Netz reduzieren, während die Verbraucher ihre Stromabnahme erhöhen können.
Es gibt drei Arten von Regelenergie:
- Primäre Regelenergie bedeutet, dass der Anlagenbetreiber die vereinbarte Strommenge innerhalb von 30 Sekunden nach der Anforderung bereitstellen muss.
- Sekundäre Ausgleichsenergie bedeutet, dass die vereinbarte Strommenge innerhalb von 5 Minuten bereitgestellt werden muss.
- Minutenreserve (Tertiärregelenergie) bedeutet, dass die vereinbarte Strommenge innerhalb von 15 Minuten zur Verfügung gestellt werden muss.
Die Bundesnetzagentur hat entschieden, dass die Regeln, die die Übertragungsnetzbetreiber bei den Regelenergieauktionen anwenden, für die zweite und dritte Art der Regelenergie geändert werden müssen. Bisher mussten die Anlagenbetreiber eine Woche vor der Bereitstellung einer bestimmten Menge an Sekundärregelenergie garantieren, dass sie diese bereitstellen können. Auktionen für Minutenreserveenergie wurden an Wochentagen durchgeführt, nicht aber am Wochenende. Daher mussten die Anlagenbetreiber freitags erklären, dass sie eine bestimmte Strommenge für das Wochenende und den darauffolgenden Montag bereitstellen können. Für Kraftwerke, die ihre Energieerzeugung leicht anpassen können, wie Kohlekraftwerke und andere konventionelle Anlagen, stellte dieses Verfahren kein großes Problem dar. Für die Betreiber von Wind- und Solaranlagen war es jedoch sehr schwierig, die Strommenge, die sie innerhalb eines so langen Zeitraums liefern können, vorherzusagen, da die von ihnen erzeugte Strommenge sehr stark schwankt und von den Wetterbedingungen abhängt.
Jetzt können auch Erzeuger erneuerbarer Energien Regelenergie bereitstellen
Um die Rolle der Erzeuger erneuerbarer Energien bei der Bereitstellung von Regelenergie zu stärken und sie im Wettbewerb mit fossilen Kraftwerken auf dem Regelenergiemarkt zu unterstützen, finden die Auktionen für Sekundärregelenergie und Minutenreserve nun die ganze Woche über statt, von montags bis sonntags. Die Bieter müssen die Sekundärregelenergie nicht mehr 12 Stunden am Tag – 7 Tage die Woche – bereithalten, sondern nur noch 4 Stunden. Und auch die Mindestmenge an Strom, die bereitgestellt werden muss, wurde reduziert: Statt fünf Megawatt müssen Anlagenbetreiber nur noch ein Megawatt bereitstellen.
Diese Änderungen bedeuten, dass die Betreiber von Wind- und Solaranlagen ihre Stromerzeugung unter Berücksichtigung der aktuellen Wetterbedingungen nun genauer vorhersagen und an den täglichen Regelenergieauktionen teilnehmen können. Zudem können durch die Umstellung von fünf auf ein Megawatt nun auch Betreiber kleinerer Anlagen einen Beitrag zur Bereitstellung von Regelenergie leisten.
Netzsteuerungskooperation
In Deutschland gibt es vier Übertragungsnetzbetreiber, die für den Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch von Strom verantwortlich sind. Seit dem 1. Mai 2010 arbeiten diese vier Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen der Grid Control Cooperation (GCC) zusammen. Während in der Vergangenheit Situationen auftraten, in denen ein Leistungsüberschuss in einem Netzgebiet und ein Leistungsdefizit in einem anderen Gebiet unabhängig voneinander ausgeglichen wurden, werden nun Ungleichgewichte in den Netzgebieten selbst ausgeglichen und nur noch die Gesamtabweichungen, sofern die notwendigen Übertragungskapazitäten vorhanden sind, ausgeglichen. Dieser Ausgleich innerhalb des GCC spart Regelenergie und damit Gesamtkosten.
Internationale Netzleitungskooperation
In den vergangenen Jahren wurde die GCC kontinuierlich über die Grenzen Deutschlands hinaus erweitert. Inzwischen sind auch Dänemark, die Niederlande, die Schweiz, die Tschechische Republik, Belgien, Österreich und Frankreich Mitglieder der IGCC. Um Energie über die Grenzen hinweg auszutauschen, werden keine kleinen Übertragungskapazitäten an den Grenzen vorgehalten. Stattdessen werden freie Kapazitäten, die nach dem Intraday-Handel noch zur Verfügung stehen, genutzt und durch die IGCC wird weniger Regelenergie eingesetzt, ohne dass die Bereitstellung von Regelreserven reduziert wird. Dennoch spart dieses zusätzliche Netting jährlich zweistellige Millionenbeträge ein.
Balancing in der Automobilbranche
Balancing wird darüber hinaus auch in der Automobilbranche angewandt. Durch das Balancing der Energie in einem geschlossenen System wird versucht dieses effizienter und langlebiger zu gestalten. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Balancierung innerhalb einer Batterie, eines E-Fahrzeugs oder eines Stromnetzes stattfindet:
Batterie
Die Batterie kann durch Abweichungen der einzelnen Komponenten Ungenauigkeiten aufweisen. Manche Zellen entladen sich deshalb schneller als andere. Dies kann zu Tiefentladung oder Überladung einzelner Zellen bzw. der gesamten Batterie und damit zur Zerstörung des Speichers führen.
E-Fahrzeuge
Ein Fahrzeug hat viele Verbraucher die zum Teil gleichzeitig versorgt werden müssen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden muss das Batteriemanagementsystem (BMS) mehrere Bereiche parallel beachten, abgleichen und Prognosen erstellen um einen potentiellen Schaden am Fahrzeug oder der Batterie zu verhindern.
Stromnetz
Unser Stromnetz ist ähnlich einem E-Fahrzeug, der einzige Unterschied ist, dass dieses mehr als nur eine Quelle besitzt, welche Energie einspeist. Um die Netzstabilität zu gewähren, müssen Abweichungen zwischen Stromerzeugung und -verbrauch ausgeglichen werden. Die immer populärer werdende Idee eines Smart Grids kann mit einem BMS verglichen werden. Das BMS wäre das Kontrollzentrum und der Speicher unser Netz.
Wir von magility werden die Entwicklungen im Bereich Energiemanagement weiterhin im Blick behalten.
Haben Sie noch Fragen? Dann kontaktieren Sie uns gerne. Folgen Sie uns ebenfalls auf LinkedIn, um immer auf dem Laufenden zu bleiben.