Kein anderes Thema beschäftigt die KI-Welt derzeit so wie der im November veröffentlichte Chatbot ChatGPT. ChatGPT wurde vom KI-Startup OpenAI entwickelt und erreichte innerhalb von 5 Tagen bereits 1 Millionen Nutzer. Dies gelang nicht einmal dem Musikstreaming-Service Spotify und dem sozialen Netzwerk Instagram. Was steckt hinter der Technologie von ChatGPT und welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich durch den Bot? Magility gibt einen Überblick. 

Ein vielversprechendes Multitalent?

ChatGPT basiert auf dem GPT-3.5-Sprachmodell von OpenAI und ermöglicht es durch seine Erweiterung mit einem Dialogformat, auf eine breite Palette von menschlichen Anfragen und Aufgaben zu reagieren. So kann der Bot Fragen zu beliebigen Themen beantworten, verschiedene Arten von Texten wie Aufsätze oder Gedichte schreiben und sogar Codezeilen ausgeben. Anders als bisherige Chatbots, kann ChatGPT auch Zusammenhänge von Nutzeranfragen  erkennen und somit auf Folgefragen eingehen, was vor allem einen Durchbruch für die Kundenservice-Automatisierung bedeuten könnte. 

Die Verwendung von ChatGPT ist simpel: Benötigt wird lediglich ein OpenAI-Account und schon kann das Chatten beginnen. Sie können dem Bot zum Beispiel die Frage stellen: “Was ist der höchste Berg der Welt?”. Der Bot wird mit hoher Wahrscheinlichkeit “Mount Everest” antworten und Sie können schließlich nachfragen „Wie hieß der erste Besteiger dieses Berges?“. Der Bot wird dabei wissen, dass die Frage sich auf die vorherige Eingabe bezieht und dass mit dem Berg der Mount Everest gemeint ist. Falls Sie mit der Antwort von dem Bot nicht zufrieden sind, können Sie mit dem “Regenerate response”-Button eine alternative Antwort generieren lassen. 

ChatGPT lernt mit Hilfe von menschlichem Feedback 

Die KI hinter ChatGPT wurde mit einer riesigen Menge an Daten gefüttert, die derzeit bis zum Ende des Jahres 2021 reicht. Auf Basis dieser Daten generiert der Bot passende und natürliche Antworten auf Nutzeranfragen. Doch die Antworten des Chatbots sind nur so gut wie die Daten oder die Fragen selbst. Wenn die Daten beispielsweise Wissenslücken aufweisen oder voreingenommen sind, können diese Schwächen auch in den Antworten des Bots auftauchen. Aus diesem Grund setzt OpenAI unter anderem auf sogenanntes „Reinforcement Learning from Human Feedback“ (zu deutsch: bestärkendes Lernen durch menschliches Feedback), um den Bot zu trainieren. Bei dieser Methode beantworten zunächst Menschen verschiedene Nutzereingaben. Anschließend beantwortet die KI selbst Nutzereingaben und generiert pro Eingabe mehrere Antwortmöglichkeiten. Diese Antworten werden wiederum von Menschen bewertet und es wird eine Rangfolge von der besten bis zur schlechtesten Antwort erstellt. Dieses Feedback nutzt ChatGPT schließlich, um seine Antworten zu optimieren. Auch Nutzer können dem Bot beim Chatten Feedback geben, indem sie entweder den “Daumen hoch”- oder “Daumen runter”-Button betätigen und optional ihre ideale Antwort in einem Kommentarfenster angeben und auf mögliche unangemessene Antworten hinweisen.

Vielfältige Anwendungsbereiche von ChatGPT  

Mit seiner Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen und zu generieren, eröffnen sich sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen zahlreiche Möglichkeiten, den Bot zu nutzen, denn ChatGPT ist bislang öffentlich zugänglich. Unternehmen können ChatGPT beispielsweise im Personalwesen einsetzen, um interne Prozesse zu automatisieren und Dokumente wie Verträge oder Stellenbeschreibungen verfassen zu lassen. Im Kundenservice könnte der Chatbot hingegen auf Basis bereits vorhandener Chatverläufe mit Kunden daraufhin trainiert werden, auf Folgefragen von Kunden einzugehen und flexiblere Antworten zu geben. Weiterhin birgt ChatGPT großes Potenzial für die Erstellung von Inhalten in Bereichen wie Marketing, Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit. ChatGPT kann dabei die Contenterstellung nicht nur beschleunigen, sondern auch qualitativ verbessern. Schließlich könnte auch die Code-Community zukünftig von dem Bot profitieren. So kann ChatGPT Programmierer dabei unterstützen, Fehler in ihrem Code zu finden oder Verbesserungen vorzuschlagen.

ChatGPT lässt Falschinformationen plausibel klingen 

Doch vollständig ausgereift ist der Bot noch nicht. Die Coding-Plattform Stack Overflow hat den Einsatz dieses Bots inzwischen sogar verboten. ChatGPT generiere nämlich kein Fachwissen, sondern erfinde vielmehr Fakten. Anstatt auf fehlende Daten hinzuweisen, kann die KI aufgrund von unzureichendem Wissen eine selbstsichere, jedoch bedenkliche und letztlich fehlerhafte Antwort generieren, die zu Fehlinformationen führen kann. Als Antwort auf eine Frage soll der Bot zum Beispiel eine Studie samt Ergebnis erfunden haben, die es allerdings nie gegeben hat. Dem Nutzer würde dies nicht auffallen, da die Antwort plausibel klingt. Automatisch generierte Texte müssen daher vom Nutzer auf Richtigkeit überprüft werden. 

Der ChatGPT-Entwickler OpenAI selbst warnt sogar vor seinem Chatbot: 

„Es ist ein Fehler, sich darauf zu verlassen, wenn es um irgendetwas Wichtiges geht.“ (OpenAI-CEO Sam Altman auf Twitter)

Gegenbewegung: GTPZero soll maschinelle Inhalte entlarven 

Schulen und Universitäten sind darüber hinaus besorgt, dass der Bot schlechte Schreibfähigkeiten und Plagiarismus seitens der Schüler fördern könnte, wenn bei der Bewältigung von Schulaufgaben und Hausarbeiten vermehrt auf ChatGPT gesetzt werde. Letzterem sollen KI-Erkennungssoftwareprogramme entgegenwirken, die nach der Veröffentlichung von ChatGPT unverzüglich entwickelt wurden und derzeit getestet werden. Ein amerikanischer Informatikstudent hat mit GPTZero eine Anwendung entwickelt, die in der Lage sein soll, schnell und effektiv zu bestimmen, ob ein Text von einem Menschen oder von einer KI verfasst wurde. Während maschinelle Texte eine tendenziell gleichmäßigere und konstante Komplexität und selten Tippfehler aufweisen, neigen Menschen hingegen eher zu stärkerer Variation und mehr Tippfehlern in ihren Sätzen. Die Anwendung untersucht Texte nach diesen Mustern. 

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beimBundestag forderte längst eine Kennzeichnung für maschinell erstellte Texte. OpenAI gab unterdessen bekannt, dass es Texte, die von ChatGPT generiert wurden, mit Wasserzeichen kennzeichnen will, um Plagiate zu verhindern. 

Microsoft integriert Bot in Suchmaschine 

Während die Online-Welt heiß über den Chatbot debattiert, hat Microsoft eine weiterentwickelte Version von ChatGPT inzwischen mit seiner Suchmaschine Bing verbunden. Dem Bot musste allerdings kurz nach Veröffentlichung wieder die Leine angelegt werden, nachdem  er  mehrfach übergriffig gegenüber Nutzern wurde. Bald plant Microsoft auch die Integration der KI in die Office-Apps wie Word und PowerPoint. Der Softwareriese hatte bereits im Jahr 2019 eine Milliarde Dollar in den Chat-GPT-Entwickler OpenAI investiert. Nun hat Microsoft angekündigt, weitere 10 Milliarden in das Unternehmen zu investieren und sagt Google damit den Kampf um die Spitze bei den Suchmaschinen an. 

Tech-Konzerne gehen in die Offensive   

Doch der rasante Aufstieg von ChatGPT hat die Tech-Konzerne Google und Meta nicht unberührt gelassen. Beide Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an einer Konkurrenz-KI. Google hatte bislang noch gezögert, sein eigenes Sprachmodell LaMDA öffentlich vorzuführen. Nun hat das Unternehmen vor einigen Wochen den Chatbot Bard präsentiert, der auf LaMDA basiert, und versehentlich erste Schwächen des Bots offenbart. So stellte sich heraus, dass der Bot in einem Werbefilm von Google die Frage nach interessanten Entdeckungen des James-Webb-Teleskops mit einer falschen Angabe beantwortete, was die Nasa hinterher bestätigte. Auch Meta hat inzwischen angekündigt, sein eigenes Sprachmodell Llama ins Rennen schicken zu wollen. Doch die Patzer von Google und Microsoft zeigen, dass der Entwicklung von Chatbots noch ein langer Weg bevorsteht, bis eine zuverlässige und unbedenkliche Interaktion möglich ist. 

ChatGPT hat die Online-Welt bereits nachhaltig verändert

Obwohl ChatGPT noch große Schwachstellen aufweist, ist das immense Potenzial des Chatbots unbestritten. Schon jetzt ergeben sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für den Bot und der Release von ChatGPT hat die Entwicklung von KI-basierten Sprachmodellen nochmals enorm beschleunigt.

Und die Entwicklung bleibt rasant, denn: für kommende Woche ist bereits die Veröffentlichung von GPT-4 angekündigt. In der neuen Version des Chatbots sollen dann zum Beispiel aus Texten Videos generiert werden können, so Andreas Braun, CTO von Microsoft Deutschland.

Kann sich ChatGPT an der Spitze halten? Oder wird die KI bald von Konkurrenz-Sprachmodellen übertroffen? Und wie würde die zukünftig geplante Regulierung von KI-Systemen die Nutzung der Chatbots beeinflussen? 

Wir von magility sind auf die weiteren Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz gespannt, testen fleißig den ChatGPT und andere KI-basierte Technologien und halten unsere Kunden und Blog-Leser gerne auf dem Laufenden. 

Wie stehen Sie zum Einsatz von ChatGPT? Kontaktieren Sie gerne unsere Experten von magility für einen Austausch zum Thema Chatbots und KI-basierte Anwendungen oder folgen Sie uns auf LinkedIn und bleiben up-to-date. 

Das Wichtigste in Kürze 

  • ChatGPT generiert natürlich klingende Antworten auf Nutzereingaben und kann Zusammenhänge zwischen Anfragen erkennen.
  • Die KI hinter dem Bot wird mit Hilfe von menschlichem Feedback trainiert, welches die generierten Antworten von gut bis schlecht bewertet und damit die Qualität der Antworten optimiert. 
  • Zukünftige Anwendungsbereiche von ChatGPT könnten unter anderem Kundenservice, Personalwesen, Suchmaschinen und Contenterstellung sein.
  • US-Student entwickelt als Antwort auf ChatGPT KI-Erkennungssoftware GTPZero, um maschinell erstellte Texte zu entlarven und Plagiate einzudämmen.
  • Microsoft investiert Milliarden in ChatGPT-Entwickler OpenAI und integriert eine modifizierte Version des Bots in seine Bing-Suchmaschine. Google und Meta kontern mit eigenen Sprachmodellen. 
  • Chatbots weisen noch große Schwachstellen auf: Unvollständige Daten führen zur Generierung falscher Fakten und übergriffigem Verhalten der KI.